Rieth, Thüringen, Deutschland

Das 326 EinwohnerInnen zählende Dorf Rieth ist Teil der Gemeinde Hellingen im Landkreis Hildburghausen. Die einstmalige Randlage im äußersten südthüringischen Sperrgebiet im innerdeutschen Grenzgebiet bedeutet heute einen wahren Standortvorteil für den Ort.

Für den Tourismus nicht erschlossen und von typischen städtebaulichen wie agrar-ökonomischen Entwicklungen der DDR verschont, präsentieren sich Rieth und seine Umgebung einerseits nahezu unverbaut in intakter Ökostruktur als wertvoller Erholungsraum für Mensch und Natur mit Potenzial für sanften und nachhaltigen Tourismus. Andererseits bietet die relative Nähe zu bayerischen Ballungsräumen wie Schweinfurt oder Coburg gute Arbeitsmöglichkeiten und ist sicher ein Grund für die konstante Einwohnerzahl und die vergleichsweise positive Altersstruktur in Rieth.

Das Dorf weist darüber hinaus viele bemerkenswerte Lebensqualitäten auf. So ist eine für die Größe des Ortes erstaunliche Nahversorgung gegeben: Dorfladen für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs, Biobäckerei mit Naturprodukten, Honig aus eigener Produktion, Obst und Gemüse aus den gut bewirtschafteten Hausgärten, Hausschlachtungen, Kleintierproduktion wie Hühner, Tauben und Stallkaninchen mit der damit einhergehenden Verwertung von Splitterflächen zur Gras- und Heugewinnung und als Komplettierung bzw. Ergänzung des Eigenaufkommens. Weitere ortsansässige Dienstleistungsunternehmen sind ein Frisörsalon, Versicherungsunternehmen, Elektriker, Zimmerer sowie eine Tierarztpraxis.

Auf dem Hügel thront die Wehrkirche mit Emporenraum, Kirchhof, Kirschplantage und der ehemaligen Schule, die zu einem Kindergarten für Kinder ab dem ersten Lebensjahr umgebaut wurde und auch überörtlich großen Anklang findet.

Engagiertes Dorfleben und reges Vereinsleben sind die Basis der Riether Gemeinschaft über alle Generationen hinweg, die sich in den Sanierungen und dem Betreiben des Dorfgemeinschaftshauses, einem typischen fränkischen Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert, mit liebevoll geführtem Dorfmuseum, des Backhauses und des Brauhauses mit eigenem Braurecht, des Feuerwehrgerätehauses mit Freizeitanlage für Tischtennis, des Jugendzimmers und nicht zuletzt im Um- und Erweiterungsbau der Kegelbahn mit enormen Eigenleistungen zu einer hochmodernen 4-Bahn-Kegelsportanlage nach Bundesliganormen widerspiegelt.

Die Landwirtschaft weist trotz der Größenordnung des Hauptbetriebes mit rund 1.000 ha Nutzfläche mehrfache und auch auf die örtlichen Gegebenheiten angepasste Betriebszweige auf. So erfolgt eine Beweidung der noch zahlreich vorhandenen Streuobstwiesen über die Ammenkuhhaltung, während die Obstbestände mit Baumpflege und Obstertrag bei den privaten EigentümerInnen des Dorfes verbleiben. Das steht zusammen mit der erkennbaren Wirtschaftsweise im Einklang mit den Regeln einer guten fachlichen Praxis. Die anfallende Gülle wird in einer hofeigenen Biogasanlage thermisch für die Milchviehhaltung und darüber hinaus zur elektrischen Energiegewinnung genutzt.

Das übernommene Erbe des breiten und im Falle von Rieth großteils bewaldeten Grenzstreifens aus DDR-Zeiten mit 230 ha wird klug zu einem naturnahen Waldbestand weiterentwickelt. Dabei steht das Prinzip einer nachhaltigen forstwirtschaftlichen Nutzung im Vordergrund, in dem der Wald gemäß einem Wirtschaftsplan des Forstamtes entweder durch Freigabe und Vergabe von Losen an OrtsbewohnerInnen oder durch forstamtliche Schlägerungen mit anschließendem Verkauf ab Straße genutzt wird. Auf diese Weise werden 70 % der Riether Haushalte mit eigenem Holzschnitt beheizt. Daneben ist ein angelegter und im ständigen Ausbau begriffener Waldnaturlehrpfad Anziehungspunkt für viele Schulklassen aus der Region und Rückzugsgebiet in die Natur für die RietherInnen selbst.

Eine vom Ort unterhaltene Gedenkstätte mit Resten der ehemaligen Grenzanlagen hält die Erinnerung an die besondere Geschichte des Ortes auch für zukünftige Generationen wach.

Evaluiert: 2012