Waidhofen an der Ybbs, Niederösterreich, Österreich

Die Großgemeinde Waidhofen an der Ybbs setzt sich aus der namensgebenden Kleinstadt mit rund 3.800 EinwohnerInnen sowie neun weiteren Ortsteilen zusammen, insgesamt wohnen in der Gemeinde rund 11.400 Menschen. Sie liegt in der Region Eisenwurzen und trägt bereits voralpine Züge mit hohem Wald- und Grünlandanteil.

Das historische Ensemble der mittelalterlichen Stadt wurde durch moderne Bauten mit qualitätvoller, mehrfach preisgekrönter Architektur ergänzt. Eindrucksvoll ist dies beispiesweise am Glaskubus des Rothschild-Schlosses erkennbar. Der unmittelbar an die Innenstadt angrenzende Buchenberg ist als Naturpark zertifiziert und erfüllt in vorbildlicher Weise die vier Säulen Schutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung.

Der Entwicklungsprozess erfolgte in mehreren Phasen und unter verschiedenen Schwerpunkten, wobei bemerkenswert ist, dass in den späten 1980er-Jahren zuerst die dörflichen Ortsteile und erst einige Jahre später die Stadt selbst in die Dorf- bzw. Stadterneuerung einstiegen. Die jüngste Entwicklungsstrategie wurde im Jahr 2015 als “Vision 2030” festgehalten. In allen Prozessphasen wurde intensiv und aktiv die Bevölkerung eingebunden. Mittlerweile wurde der Bottum-up-Ansatz auch institutionalisiert und mit Mach-mit-App und diversen Online-Tools der Gegenwart angepasst.

Als besonders positiv ist innerhalb der Gemeinde das gelungene Zusammenspiel von Stadt und Land zu bewerten. Die Erkenntnis, dass man einander benötigt, führte zu einer Begegnung auf Augenhöhe. Die ländliche Idylle in den funktionierenden Dörfern wird ergänzt durch die Dienstleistungs- und Versorgungsfunktion der Kleinstadt mit ihrem historischen Charme. 

Das so genannte „Offene Rathaus“, das sich als Dienstleister der Region sieht, passt in diesen Geist. Auch die aktive Beteiligung in vielfältigen regionalen und überregionalen Netzwerken und Kooperationen ist mehr als begrüßenswert und Motor für zahlreiche umgesetzte Projekte, wobei der Zusammenschluss in der Kleinregion Ybbstal besonders fruchtbar erscheint.

Die Liste der erfolgreich realisierten Projekte in den zehn Ortsteilen ist lang, umfassend und vielfältig, der integrierte Ansatz ist durchgehend erkennbar, zahlreiche Maßnahmen sind miteinander verzahnt und umspannen das gesamte Gemeindegebiet.

Großes Augenmerk wurde und wird auf die Belebung des Stadtkerns gelegt. Unter dem Motto „Die Innenstadt als Einkaufszentrum“ wurde ein Maßnahmenbündel realisiert, das neben Leerstandsmanagement und aktiver Ansiedlungspolitik von Läden und Dienstleistungsunternehmen mit Miet- und Investitionszuschüssen sowie geringeren Kommunalsteuern auch die Einsetzung eines so genannten Stadtkümmerers als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Politik und Bevölkerung dient. Citybus und Citybahn verringern das Verkehrsaufkommen, großes Augenmerk wurde auch auf ein gutes Wegenetz für FußgängerInnen und RadfahrerInnen gelegt, Ladestationen für E-Bikes stehen zur Verfügung.

Magneten sind auch der gut frequentierte Wochenmarkt und der ebenfalls wöchentlich stattfindende „Schmankerlmarkt“ für regional produzierte Lebensmittel. Die Märkte sind auch wesentliche Standbeine für die vielen bäuerlichen DirektvermarkterInnen, die qualitativ hochwertigst veredelte Produkte anbieten, wobei vor allem das traditionelle Getränk Most dank neuer Qualitätsstandards und Marketingstrategien eine Renaissance erlebt.

Der große Stellenwert, der bewusster und gesunder Ernährung in Kombination mit der Sorge um Biodiversität eingeräumt wird, ist auch an der Initiative „kost.bares Waidhofen“ erkennbar: In zahlreichen Gärten – über das gesamte Gemeindegebiet verteilt – sind unter Patronanz des Stadtgartenamtes BürgerInnen wie auch Gäste zum Mitgärtnern und Ernten von heimischen, oft seltenen Obst-, Gemüse- und Kräutersorten für den Eigengebrauch geladen. Die Gärten dienen den Schulen für pädagogische Zwecke, helfen Bedürftigen, besser über die Runden zu kommen, ermöglichen HobbygärtnerInnen die Ausübung ihrer Passion, sind Orte der Kommunikation, Integration und Bewusstseinsbildung.

Dem Schutz der Kulturlandschaft wird größt mögliche Aufmerksamkeit geschenkt, aus kulturellen, ökologischen, insbesondere aber auch ökonomischen Gründen – der Tourismus hat sich im Laufe des Entwicklungsprozesses zu einem wichtigen wirtschaftlichen Standbein Waidhofens entwickelt. 

Nennenswert ist die als eigene Marke geschaffene Losung „Leben voller Möglichkeiten“, die sich wie ein roter Faden durch Projekte in den verschiedenen Bereichen zieht. Sie soll dem soziokulturellen Wandel sowie den damit verbundenen vielfältigen Arbeits-, Freiizeit-, und Lebenskonzepten von Menschen der verschiedensten Generationen gerecht werden und reicht von der Errichtung von Co-Working-Spaces über „Junges Wohnen“ bis hin zu kulturellen Initiativen. Dem zu Grunde liegt große Offenheit, mit der man ZuzüglerInnen, Gästen und zuletzt beispielsweise auch Asylsuchenden begegnet.

Hervorzuheben ist in diesem Geiste auch das starke kulturelle Engagement der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya, das auffallend viele Facetten aufweist. Regelmäßige Musikfestivals beispielsweise widmen sich den verschiedensten Genres, von der Klassik und Zeitgenössichem, über Unternahltungsmusik bis hin zu traditioneller Volksmusik, die meist auf Vereinsebene gepflegt wird. Die Zahl der Vereine und ihrer Mitglieder ist generell hoch und wesentliche Säulen des gesellschaftlichen Lebens über die Stadt- und Dorfgrenzen hinweg.

Waidhofen an der Ybbs beweist, dass auch periphere Gemeinwesen abseits der großen Verkehrsachsen moderne Lebensräume sein können und dokumentiert die essenzielle Bedeutung von vitalen Stadt-Land-Beziehungen auf eindrucksvolle Weise.

Evaluiert: 2018