Truden im Naturpark, Südtirol, Italien

Die knapp über 1.000 EinwohnerInnen zählende Südtiroler Gemeinde Truden  mit dem Hauptort Truden und den Ortsteilen Kaltenbrunn, Mühlen und San Lugano liegt abseits der Wirtschaftsströme des Unterlandes auf einer Seehöhe zwischen 791 und 1836 Metern. Sie ist eingebettet in den Naturpark Trudner Horn und mehr als vier Fünftel liegen im Landschaftsschutzgebiet. 

Im Jahre 2015 wurde nach Jahren des gefühlten Stillstands in vielen Bereichen ein neuer Gemeinderat gewählt und mit ihm eine neue Informations- und Partizipationskultur begonnen. Bei einer ersten gemeinsamen Bestandsaufnahme wurden Schwachpunkte identifiziert und Ziele für die weitere Entwicklung in der „Vision 2015“ unter Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen und externer BeraterInnen formuliert. Diesem Leitbild zufolge standen  eine nachhaltige, intelligente Raumentwicklung, das Eindämmen der Abwanderung, eine sicht- und spürbare Verbesserung der Lebensqualit, die Schaffung atttraktiver Arbeitsplätze, die Stärkung der Landwirtschaft sowie die Festigung der Dorfgemeinschaft auf der Agenda. Parallel dazu wurden im Rahmen von LEADER unter dem Motto „Klimafreundliche Gemeinde“ ein Arbeitsplan und ein Energieleitbild erarbeitet.

Die Erfolge, die im bisher nur drei Jahre andauernden Entwicklungsprozess erzielt werden konnten, sind mehr als beachtlich und waren nur durch das Zusammenwirken von Politik und Bevölkerung auf Augenhöhe, das Eingehen von Kooperationen mit Nachbargemeinden sowie das Einbeziehen von AkteurInnen aus der Verwaltung und von ExpertInnen möglich.

Eine wesentliche Säule ist das Leerstandsmanagement, das nicht nur im Bereich der Bestandsaufnahme und der Vermittlung, sondern auch hinsichtlich Bewusstseinsbildung eine zentrale Rolle spielt. So konnten junge Familien überzeugt werden, vorhandene Bausubstanz zu nutzen. Freilich geht man seitens der Gemeinde mit gutem Beispiel voran: Der im Ortszentrum stehende historische „Wieserhof“ wurde erworben und in ein Mehrgenerationenhaus umfunktioniert, in dem sich Vereine treffen, lokale Produkte vermarktet werden und eine Galerie als attraktiver Anziehungspunkt mitten im Ort fungiert. Parallel dazu hat man sich entschlossen, künftig keine Umwidmungen mehr vorzunehmen und die Ressource Boden bestmöglich zu schützen. 

Der Ausbau der Elektromobilität wird neben der Raumordnungspolitik als wichtiger Baustein gesehen. Als eine der ersten Gemeinden Südtirols errichtete Truden eine E-Ladestation  und tauschte das alte kommunale Benzinfahrzeug gegen ein E-Car aus. E-Bikes stehen für Einheimische wie für Gäste kostengünstig zum Verleih bereit. Fast selbstverständlich erscheint es in diesem Kontext, dass eine gemeindeeigene Hackschnitzelanlage alle wesentlichen kommunalen Gebäude beheizt.  Breitband und die notwendigen Infrastrukturen befinden sich im Bau und Ende 2018 werden alle Haushalte ans Glasfasernetz angeschlossen sein, schon jetzt gibt es zwei kostenlose öffentliche WLAN-Hotspots. 

Die Verknüpfung von Landwirtschaft  und Tourismus ist ein zentrales Anliegen im Bestreben  um eine nachhaltige Weiterentwicklung der Einkommensmöglichkeiten. Das Verbot von Hagelnetzen ist dabei ein wichtiges Signal. Mit dieser nicht unumstrittenen Maßnahme soll  das Landschaftsbild der über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft geschützt werden. 

Vielfältige Angebote wie Urlaub auf dem Bauernhof bieten neben der Direktvermarktung wichtige zusätzliche Einkommensquellen, die das Überleben der Höfe in dieser peripheren Bergregion sichern. Die Mitgliedschaft der Gemeinde Truden im Verein „Plattform Land“  und im Projekt „Europas Wanderdörfer“ sowie der Ausbau der alten Bahntrasse für eine Radstrecke runden die Bemühungen, den Tourismus in Kombination mit der Landwirtschaft als tragenden Wirtschaftsfaktor zu etablieren, ab.

Von den positiven Entwicklungen angesteckt, ließen sich auch nicht-landwirtschaftliche Betriebe, insbesondere im Dienstleistungssektor, zur Ansiedlung motivieren. Die Zahl der Arbeitsplätze ist damit etwa auf das Doppelte angewachsen, obwohl bewusst die Ansiedlung von Großbetrieben abgelehnt wurde, sich im Gegenzug aber vermehrt kleinere Handwerksbetriebe niederließen. Gezielt werden auch kleine Nahversorger unterstützt, indem Gemeinde wie auch Vereine für ihre Feste nach Möglichkeit ausschließlich bei diesen einkaufen.

Großer Wert wurde auf den Erhalt und die Verbesserung der sozialen Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen und mobilen Pflegediensten gelegt. Getragen wird das gesellschaftliche und soziale Leben von den zahlreichen Vereinen, die in verschiedensten Bereichen aktiv sind – von der Jugend- und Seniorenarbeit über Sport, Kultur und Brauchtum bis hin zu Umwelt und Klima. 

Direkt an der Landesgrenze, die auch eine Sprachgrenze bedeutet, hat man sich entschlossen, das friedliche Zusammenleben und die gemeinsame Entwicklung des Dorfes sprachübergreifend zu fördern. Die Verknüpfung von Angeboten zu Sprache und Bildung sowie beruflicher und gesellschaftlicher Integration werden dabei als Schlüssel gesehen, auch  zur Inklusion von Menschen aus 20 weiteren Nationalitäten. Truden ist damit Vorbild für das Land und für Europa. 

Evaluiert: 2018