Virgen, Tirol, Österreich

Virgen liegt in der Region Osttirol auf etwa 1.200 m Seehöhe, mitten im Tiroler Teil des Nationalparks Hohe Tauern und etwa 36 km westlich der Bezirkshauptstadt Lienz. Die Gemeinde zählt ca. 2.200 EinwohnerInnen und weist eine Fläche von 8.881 Hektar auf. Auf Grund der klimatisch begünstigten Lage wird Virgen auch als „Sonnendorf im Nationalpark Hohe Tauern“ bezeichnet. Die unzureichenden Arbeitsmöglichkeiten im Ort veranlassen 80 % der VirgerInnen zum Auspendeln. Obgleich die Nationalparkgemeinde Chancen im Tourismus und Gewerbe aufweist, liegt der Schwerpunkt der Arbeitsplätze vor Ort in der vom Zu- und Nebenerwerb dominierten Landwirtschaft. Virgen hat sich als Wohngemeinde mit sehr hoher Wohn- und Lebensqualität etabliert und weist eine positive Bevölkerungsentwicklung auf.

Die Entwicklung des Ortes wird in einem Leitbild festgelegt und beruht auf einer gelebten Offenheit für Neues, dem Gemeinschaftssinn und der damit verbundenen soziokulturellen Stärke sowie einem hohen bürgerschaftlichen Engagement. Im Zuge der Umsetzung des Raumordnungskonzeptes wurden 2,5 Hektar Bauland in Freiland rückgewidmet und damit wichtige Grünzonen gesichert.

Das Projekt Virger Feldflur umfasst ein breit angelegtes und vernetztes Maßnahmenbündel, das darauf abzielt, den Fortbestand von über 100 kleinstrukturierten aktiven Berglandwirtschaften, deren Zahl in den letzten Jahren konstant geblieben ist, zu sichern. Es ist das Resultat einer breiten Bewusstseinsbildung und einer Urabstimmung unter der bäuerlichen Bevölkerung, basierend auf Erhebungen etwa zum Kleinklima, zur Artenvielfalt und zur Heckenpflege. „Der Weg der Sinne“ mit neun erlebnisreichen Stationen macht eindrucksvoll auf die Naturschönheiten der Feldfluren aufmerksam. Im Bauernladen vermarkten die Landwirte ihre Produkte und leisten einen wertvollen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Nahversorgung. Eine Hofkäserei, eine Biogasanlage sowie ein Obst- und Gartenbauverein runden die ausgewogene Angebotspalette zur Stärkung der Landwirtschaft ab. Dem Rückgang des Tourismus wurde mit einer Qualitätsoffensive und dem „Urlaub am Bergbauernhof“ erfolgreich entgegengewirkt.

Im Jahr 1996 wurde Virgen in das Programm „Energiebewusste Gemeinden in der Arge Alp“ aufgenommen und hat sich mittlerweile durch Förderung von Solar- und Fotovoltaikanlagen, Einrichtung eines Energieteams, Bewusstseinsbildung durch Aktionstage zu energierelevanten Themen und Schulprojekte als preisgekröntes „Sonnendorf“ positioniert. Um Mobilität für alle Bevölkerungsschichten zu gewährleisten, wurde das Projekt „Virger mobil“ als Linien- und Rufbus konzipiert, bei dem BürgerInnen ehrenamtlich als FahrerInnen agieren, was eine sehr moderate Preisgestaltung ermöglicht.

Der qualitätvolle Umgang mit alter schützenswerter Bausubstanz findet im Ensemble Obermauern mit seinen traditionellen Holzblockbauten seine Entsprechung. Schulprojekte zum Thema Wassertrinken, eine Walking-Arena, das Seniorenklettern und das jüngste Projekt unter dem Titel „VI-Tal – Gesundsein im Virgental“ münden in ein neues Gesundheitsbewusstsein und stärken den sozialen Zusammenhalt.

Virgen beeindruckt mit einer breiten Bürgerbeteiligung, initiiert durch professionell eingeleitete Prozesse bei Fragestellungen über die zukünftige Dorfentwicklung, die zu einer deutlichen Stärkung des Gemeinwohls beigetragen haben, sowie mit einer beispielhaften Vernetzung von Einzelmaßnahmen, die zu einem großen und tragfähigen Ganzen geführt haben. Besondere Erwähnung verdienen der beispielhafte Umgang mit erneuerbarer Energie, die Initiativen zur Stärkung der kleinstrukturierten Berglandwirtschaften und der Erhaltung der Kulturlandschaft sowie die beispielhafte Revitalisierung von traditionellen Gehöftformen. Bemerkenswert ist nicht zuletzt auch, dass man selbstbewusst das Gesetz des Handelns an sich zieht, statt auf Hilfe von außen zu warten.

Evaluiert: 2010