Duchroth und Oberhausen an der Nahe, Rheinland-Pfalz, Deutschland

Die Ortsgemeinden Duchroth an der Nahe mit etwa 540 EinwohnerInnen und Oberhausen an der Nahe mit etwa 380 EinwohnerInnen liegen im Bundesland Rheinland Pfalz und gehörten bis 1971 zusammen, ehe eine Trennung im Rahmen einer Kommunalreform erfolgte. Das prägende landschaftliche sowie wirtschaftliche Element der beiden kooperierenden Gemeinden bildet der Weinbau, der die klimatisch begünstigte Lage zu qualitativ hervorragenden Produkten nutzt. 

Auslösender Faktor des Dorferneuerungsprozesses war vor allem die Herausforderung, auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft der 1960er- bis 1980er-Jahre und den damit verbundenen gravierenden Umbruch in den Sozialstrukturen sowie auf den erheblichen Leerstand der ehemals landwirtschaftlich genutzten Bausubstanz eine nachhaltig gültige Antwort zu finden. 

Der Start des Entwicklungsprozesses in Duchroth, der früher einsetzte als im benachbarten Oberhausen, stand zunächst unter der Devise „Unser Neubaugebiet ist der Ortskern“ und er folgte damit einhergehend von Anfang an einem starken Bekenntnis zur Innenentwicklung. Durch intensive Aufklärung und Beratung der Bevölkerung sowie der nachfolgenden beispielhaften Umsetzung, die von hoher Qualität wie auch Sensibilität gekennzeichnet war, ist es ausgezeichnet gelungen, einen Dominoeffekt zu erzielen: Die Revitalisierung von über 50 Objekten im Ortskerngebiet bestätigt eindrucksvoll die neue, großteils umfunktionierte Nutzung des Leerstandes und damit die Inwertsetzung der vorhandenen Infrastrukturen.

Verstärkt durch Ortsführungen, herausragende Öffentlichkeitsarbeit, die sich durch enormes Echo in den Medien widerspiegelt, sowie die erfolgreiche Teilnahme an diversen Wettbewerben auf regionaler und nationaler Ebene sind heute Immobilien in Duchroth mehr denn gefragt und es gibt sogar eine Warteliste von InteressentInnen. Die Siedlungserweiterung mit einer Einfamilienhausstruktur ist lagemäßig sehr gut an die historische Kernzone angebunden. Damit ist die fußläufige Erreichbarkeit gewährleistet.

Die große Stärke ist zweifelsohne die Gestaltung des öffentlichen Raumes, die sich insbesondere in der Reaktivierung des historischen Ringpfades zeigt. Die Umsetzung eines durchgängigen Begrünungskonzeptes mit einer faszinierenden Ausgestaltung der über den Ringpfad aufgeschlossenen Hausgärten stellt eine besondere Qualität in der Kernzone von Duchroth dar. 

Themengärten, die den Kontext zur Heilpflanzenlehre der Hildegard von Bingen aufweisen, vervollständigen die Grünraumgestaltung und sind an den überregionalen Pilgerwanderweg angeschlossen, den man auch touristisch zu nutzen weiß. Neben dem Pilger- sind es vor allem der Wander- und Radtourismus, die in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden konnten – nicht zuletzt auch dank der geglückten Einbindung der Themen Wein und Kunst.

Die Gründung der Regionalmarke „Soonahe“ schließlich, eine Marke für gute Lebensmittel, die im Bereich des Flusses Nahe und dem angrenzenden Mittelgebirge Hunsrück produziert werden, ist wegweisend. Die Marke wird stetig ausgebaut und erfreut sich großer Beliebtheit. Das diesjährige Motto des Europäischen Dorferneuerungspreises findet sich im Slogan „Wer weiter denkt, kauft näher ein!“ wieder. 

Der Erneuerungsprozess in Oberhausen begann um das Jahr 2010, wobei das Dorferneuerungskonzept zunächst einen gewerblichen Schwerpunkt aufwies. Gemeinsam mit der Nachbargemeinde Duchroth wurde aber zuletzt auch besonderes Augenmerk auf die Etablierung eines sanften Tourismus gelegt. In diesem Kontext wird auf die vorbildhafte Revitalisierung des Gutes Hermannsberg und das gelungene Miteinander von alter Bausubstanz und zeitgemäßer neuer Architektur verwiesen. Auch das Projekt der Umnutzung des alten Bahnhofsgebäudes in ein High-Tech-Zahntechniklabor ist als beispielgebend hervorzustreichen. 

Hervorzuheben ist auch die Maßnahme „Breitbandausbau“ in Oberhausen, im Zuge dessen es gelungen ist, in Eigenregie durch 85 freiwillige HelferInnen in mehr als 1.000 Arbeitsstunden den Ausbau des schnellen Internets für den Ort voranzutreiben. 

Ein besonders erwähnenswertes und wegweisendes Projekt stellt schließlich die Zusammenarbeit mit der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main dar. StudentInnen haben dabei ein Projekt mit dem Titel „Dorf 4.0“ mit dem Ziel entwickelt, eine weitgehende Autarkie im Bereich der Herstellung bzw. Gewinnung von Nahrungsmitteln, Energie und Rohstoffen sowie eine intensive Umweltbildung und digitale Vernetzung zu erreichen. 

Die beiden Ortsgemeinden haben mit beeindruckenden Maßnahmen bewiesen, dass bewusst angelegte Kooperationen gelingen und zu einer Steigerung der Lebensqualität führen können. Beide Orte verfügen über ein reges, häufig gemeindeübergreifendes Vereinsleben, wobei insbesondere die Gründung einer BürgerInnenstiftung zu erwähnen ist, und ein außerordentlich gutes Kunst- und Kulturangebot. 

Die zahlreichen Maßnahmen und Projekte haben – als sichtbarster Erfolg – zu einem regelrechten Zustrom junger Familien geführt, die die hohe Wohnqualität schätzen.

Evaluiert: 2018