Großseelheim, Hessen, Deutschland

Die Ortschaft Großseelheim mit ihren rund 1.955 EinwohnerInnen und einer Gemarkung von 952 Hektar ist ein Teil der Gemeinde Kirchhain (17.419 EinwohnerInnen). Sie liegt im direkten Einzugsbereich der zehn Kilometer entfernten Universitätsstadt Marburg in der Mitte Hessens. Großseelheim war bis in die 1950er-Jahre vor allem durch Landwirtschaft und Handwerk geprägt. Erste Neubaugebiete an der Ortsperipherie entstanden in den 1950er- und 1960er-Jahren durch die Integration von etwa 500 Heimatvertriebenen. Seit den 1980er-Jahren bekommt Großseelheim aufgrund seiner günstigen Lage und dank seiner kompletten lokalen Infrastruktur immer mehr Bedeutung als attraktiver Wohnort für junge Familien aus dem Raum Marburg.

Das Dorf verfügt über einen fast zur Gänze intakten und revitalisierten Ortskern aus gut restaurierten Fachwerkhäusern und ehemaligen, jetzt umgenutzten Vierseit-Gehöften. Die innerörtliche Bausubstanz zeigt keinen Leerstand und ist in einem guten und authentischen Zustand. Dies kommt nicht von ungefähr: Seit den 1990er-Jahren hat man sich dem Motto „Innenentwicklung durch Umnutzung vor Außenentwicklung“ verschrieben, im Zuge dessen leerstehende Gehöfte durch örtliche Unternehmer und zugezogene Designer für Wohn- und Gewerbezwecke umgenutzt wurden.

Von den zahlreichen Vereinen und Initiativen sind besonders die engagierten lokalen Arbeitsgruppen “Unser Dorf“ und “Bürgerhaus“, der Sozialverband zur Seniorenbetreuung sowie das Nahwärmenetz mit Biogasanlage Großseelheim hervorzuheben. 2005 entstand in einem zentral gelegenen und umfunktionierten Fachwerk-Vierkanthof mit der Kommunikationsplattform “Werkhof 07“ ein innovatives Netzwerk zum Thema Planung und Bauen, das in vielerlei Hinsicht als Impulsgeber der Dorfentwicklung bezeichnet werden kann. Ebenfalls als Motor erweist sich die 2009 gegründete Initiative “Adventsmarkt“, die sich zu einer Veranstaltung entwickelt hat, die jährlich mehr als 5.000 BesucherInnen anzieht. Weitere nennenswerte Initiativen sind die Pflege des örtlichen Friedhofes, die Gestaltung von Brachland im Ortskern zum “Luthergärtchen“ sowie der rezent gestaltete Geschichts- und Kulturpfad mit 13 markanten Punkten und Info-Tafeln im und rund um das Dorf.

Mit mehr als 160 örtlichen Betrieben und insgesamt 380 Arbeitsplätzen sind die verschiedensten Wirtschaftsbranchen im Ort angesiedelt: Land- u. Forstwirtschaft, Gartenbau, Bio-Lieferservice “Ökokiste“, Geflügelhof sowie verschiedene Handgewerke wie Bäcker, Metzger, Schreiner. Darüber hinaus gibt es eine Tankstelle mit lokaler Reparaturwerkstatt, das bereits erwähnte Planungs-, Design- und Baugewerbe-Netzwerk “Werkhof 07“ und diverse weitere DienstleisterInnen. Eine autonome Nahversorgung ist damit weitgehend abgesichert.

In den Bereichen Bildung und Kultur sind die örtliche Grundschule, die Schulförderung Großseelheims sowie die im Jahr 2000 gegründete Eigeninitiative “KID“ hervorzuheben, im Rahmen derer die Kinderbetreuung, Ferienaktivitäten und die Spielplatzgestaltung organisiert werden. Das lokale Heimatmuseum sowie die lobenswerten Konzepte des “Luther-Gärtchens“ als gesellschaftlichem Treffpunkt und gleichzeitig innovativem Geschichts- und Kulturpfad stärken zudem die Identität der BewohnerInnen.

Dem Motto “offen sein“ wird mit einigen vorbildlichen Maßnahmen Rechnung getragen. Die Dorfgemeinschaft zeichnet sich durch eine aktive, selbstverwaltete und vorbildhafte Bürgerbeteiligung aus, diese gilt auch als Integrationsfaktor für NeubürgerInnen und Zugezogene. Das gesellschaftliche Miteinander zwischen den Generationen funktioniert gut und wird anhand von kooperativen Projekten wie Schulförderung, Seniorenbetreuung, Jugendarbeit oder Integration von AsylbewerberInnen in die Tat umgesetzt. Die dynamische evangelische Kirchengemeinde übernimmt dabei eine wichtige Rolle. Engagement sowie Partizipation sind sowohl bei den Projekt-Finalisierungen wie auch bei deren Umsetzung klar erkennbar.

Evaluiert: 2016