Környe, Ungarn

Környe ist eine Gemeinde mit 4.720 EinwohnerInnen, die an der wichtigen Verkehrslinie Budapest-Győr-Wien liegt und unmittelbar an die Gemeinde des Komitatszentrums Tatabánya mit sehr guter sozialer Infrastruktur und zahlreichen Arbeitsplätzen grenzt. Zu Zeiten des Sozialismus befand sich in Környe eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, die heute zur Gänze privatisiert ist. Eine weitere historische Besonderheit des Ortes ist, dass sie bis 1945 eine große Zahl deutschsprachiger Schwaben beheimatete, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden – ein Ereignis, das tiefe Wunden verursacht hat, die bis heute schmerzlich nachwirken.

Der Dorferneuerungsprozess wurde nach der politischen Wende 1990 gestartet und ist bislang in mehreren Phasen verlaufen. Standen zunächst infrastrukturelle Maßnahmen im Vordergrund, wurde mit den Jahren der Fokus zunehmend auf ökonomische, soziale und ökologische Projekte gerichtet. Insbesondere in den vergangenen Jahren wurde der Klimawandel als große Herausforderung erkannt, dem man mit einer Reihe von Initiativen begegnete – etwa durch die Reduktion des Bodenverbrauchs bei neuen Industrie- und Wohngebieten, die energetische Gebäudesanierung, die Nutzung erneuerbarer Energien, die Umrüstung der Straßenbeleuchtung, den Ausbau des Radwegenetzes, die Umwelterziehung in Kindergarten und Schule und einiges mehr.

Ein wichtiges Projekt war die Revitalisierung des großen Teiches im Dorfzentrum, im Zuge derer der einmündende Bach saniert, die Umgebung behutsam erneuert, ein ökologischer Lehrpfad am Teichufer errichtet und Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten geschaffen wurden. Heute ist der Teich sowohl als Naturraum als auch als touristischer Anziehungspunkt sehr wertvoll. Er dient als sozialer Treffpunkt und Naherholungsraum der ganzen Gemeinde und wird auch für die ökologische Erziehung genutzt.

Obwohl die Siedlung nah zu einer Großstadt liegt, setzte die Gemeinde prioritär auf eigene soziale Einrichtungen und auf ein breites kulturelles Angebot, um so das gesellschaftliche Leben vital zu gestalten. Besonderen Wert legt man auf das Zusammenleben der verschiedenen Generationen. So organisiert die Gemeinde regelmäßige Events, bei denen der Austausch von Jung und Alt bewusst angeregt wird. Auch nehmen die Kinder des Kindergartens regelmäßig an Veranstaltungen des Seniorenheimes teil. Generell ist die Qualität der Betreuungs- und Bildungseinrichtungen hervorzuheben, die weit über das Übliche hinausgeht und ökologische wie auch soziale Kompetenz vermittelt. Zusätzlich zum Seniorenheim wurde unmittelbar am Teichufer eine Tagesstätte für SeniorInnen errichtet, auch die Arzt- und Kinderarztpraxis im Dorf wurde erneuert. Zur Unterstützung von Bedürftigen und sozial Schwachen wurde im Gemeindeamt eine so genannte „Lebensmittelkammer“ geschaffen, die von der Gemeinde selbst, aber auch durch Spenden befüllt wird.

Die Gemeinde fördert auch die Weiterbildung ihrer Bürger-Innen. Sie bietet kostenlose Erste Hilfe- und EDV-Kurse und Rechtshilfedienste an. In Kooperation mit der Kleinregion wurde eine regionale Service-Website entwickelt, die die vielfältigen Dienstleistungen lokaler Unternehmen auflistet. Hervorragend sind auch die kulturellen Bemühungen: Zuletzt wurde etwa das Kulturhaus modernisiert, das ein vielfältiges und buntes Programm bietet, das jährlich mehr als 25.000 Menschen anlockt. Die Stärkung der Identität erfolgt durch gemeinsame Veranstaltungen, die berühmteste ist das Nationalitäten- und Bierfestival, und durch die Pflege der Traditionen. Die Geschichte der deutschen Bevölkerung wird aktiv aufgearbeitet, so wurden die ortsprägenden schwäbischen Traditionen wiederbelebt, am Bahnhof ein Denkmal für die rund 100 vertriebenen Familien errichtet und 2018 sogar ein Roman verfasst, dessen Protagonist ein ungarisch-deutscher Mann aus Környe ist.

Generell ist auffällig, dass die Sorge um die Bedürfnisse und Anliegen aller BürgerInnen ein echtes Anliegen darstellt. Das Gesellschaftsleben ist ausgesprochen aktiv und vielfältig, das Angebot für die BewohnerInnen in jeder Hinsicht umfassend. Die Lebensqualität ist insgesamt als hoch zu bewerten.

Von den 1990 definierten und im Laufe der Zeit beständig erweiterten Entwicklungszielen konnte die Gemeinde viele verwirklichen, darunter schließlich auch eines der zentralen Anliegen, nämlich die Schaffung von Arbeitsplätzen. Heute finden in Környe etwa 3.500 Menschen Arbeit, rund die Hälfte davon ist bei großen internationalen Betrieben, die sich niedergelassen haben, beschäftigt, die andere Hälfte bei den 620 lokalen Unternehmen. Im Entwicklungsprozess war die Partizipation der Bevölkerung, der Vereine und der LeiterInnen sozialer und pädagogischer Einrichtungen genauso wichtig wie die Einbindung von externen Fachleuten. Die unzähligen Maßnahmen und Projekte wurden und werden in Környe im wahrsten Sinne des Wortes von den Menschen für die Menschen umgesetzt.

Evaluiert: 2020