Langenegg, Vorarlberg, Österreich

Die Bregenzerwäldergemeinde Langenegg mit ihren 1.062 EinwohnerInnen liegt auf einer Höhe zwischen 465 m und 994 m und präsentiert sich als ein langgestrecktes Straßendorf, das historisch bedingt in zwei Zentren geteilt ist; eines beherbergt die Kirche, das andere, ca. 1,5 km entfernte, Gemeindeverwaltung, Schulen und Geschäfte. Darum herum gruppieren sich auf dem weiten Hochplateau noch zahlreiche Weiler, die auf die frühere Tradition der Realteilung zurückzuführen sind.

Trotz einer guten verkehrsmäßigen Erschließung führte die Lage abseits der Zentren Dornbirn und Bregenz in den 1970er, 80er und 90er Jahren zu einem massiven Abwärtstrend in der Gemeinde. Von ehemals sieben Gasthäusern existierte vor 15 Jahren nur noch eines, der letzte verbliebene Lebensmitteladen stand vor der Schließung und auch die Zahl der Arbeitsplätze in Landwirtschaft und im Handwerk waren rapide zurückgegangen. Langenegg war auf dem besten Weg, eine typische Pendlergemeinde zu werden – mit allen dazugehörigen negativen Folgeerscheinungen.

Die Wende brachte die Teilnahme am Projekt „lebenswert leben“, zu dem die Vorarlberger Landesregierung Mitte der 1990er Jahre aufrief. Unter Einbindung der Bevölkerung erarbeitet die Gemeinde zusammen mit der Universität Innsbruck und der FH Liechtenstein ein umfassendes Entwicklungskonzept. Initialprojekt war der gemeinsame Entschluss zur Sanierung eines geschichtsträchtigen, leer stehenden Gebäudes mitten im Ortszentrum, das lange Zeit als „Abbruchkandidat“ gehandelt worden war. Parallel dazu gelang es der neu gegründeten Wirtschaftsgemeinschaft, im nunmehr, auch unter energietechnischen Gesichtspunkten, vorbildlich sanierten Objekt wichtige Dienstleistungs­funktionen wie Arzt, Apotheke, Textilgeschäft und Friseur sowie drei Wohneinheiten zu etablieren – ein wichtiger erster Schritt zu mehr Lebensqualität und Identifikation mit dem Ort.

Dass in dem Gebäude auch eine der ersten Hackschnitzelanlagen der Region für die Beheizung des gesamten Ortszentrums untergebracht ist, mit der jährlich ca. 85.000 Liter Heizöl ersetzt werden, zeigt, wie ernst die Langenegger BürgerInnen das Thema „Energie bewusst leben“ bereits Mitte der 1990er Jahre nahmen.

In einem nächsten Schritt wurden die Sicherung und der Ausbau der Nahversorgung sowohl mit Lebensmitteln als auch im Hinblick auf die Pflege sozialer Kontakte initiiert. Die Gemeinde erbaute auf einem zentral gelegenen Grundstück einen neuen Dorfladen, der aufgrund seiner Lage, der deinstleistungsreichen Umgebung und seiner atmosphärischen Beschaffenheit nun kommunikative Begegnungen und ein Einkaufserlebnis von höchster Qualität garantiert. Nicht nur in Anbetracht der Produktpalette – mit vielen regionalen Erzeugnissen neben der kompletten Auswahl eines Supermarkts -, sondern auch hinsichtlich der Bauweise setzt der Laden neue Maßstäbe. Denn unter Verwendung von ausschließlich heimischer Weißtanne errichteten lokale Handwerker den ersten Lebensmittelmarkt in Vorarlberg mit Passivhaushülle.

Die Nutzung regionaler und lokaler Materialien wie insbesondere der Weißtanne, die unbehandelt verwendet wird und damit auch wieder problemlos zu entsorgen ist, für zahlreiche private und kommunale Bauprojekte leistet einen wertvollen Beitrag zum ökologischen Bauen. Sie trägt aber nicht zuletzt ganz massiv zur Stärkung kleinräumiger Wirtschaftskreisläufe bei und entspricht damit in vollem Umfang der Langenegger Philosophie, dass nämlich bei jeder gesetzten Maßnahme ein möglichst hoher Nutzen für möglichst viele BürgerInnen gegeben sein sollte. In diesem Fall sind es vor allem die heimische Land- und Forstwirtschaft, der Holzhandel und die holzverarbeitenden Betriebe, die profitieren.

In diesem Sinn ist auch zu verstehen, dass die hohe Qualität der Architektur in Langenegg niemals allein zum Selbstzweck wird, sondern immer auch die soziale und wirtschaftliche Komponente beinhaltet. Dass die Gemeinde nicht nur eine kostenlose Bauberatung zur Verfügung stellt, sondern bei der Flächenwidmung sorgfältig darauf achtet, dass im Außenbereich zum Schutz der Kulturlandschaft keine neuen Baulandwidmungen mehr vorgenommen werden, führte mit dazu, dass die Gemeinde mittlerweile auf eine eindrucksvolle Liste von Auszeichnungen im Bemühen um Nachhaltigkeit blicken kann.

Als Mitglied des Klimabündnis Österreichund als e5- Gemeinde sind Klimaschutz, Energiesparen und der Einsatz erneuerbarer Energieträger wichtige Bestandteile der Aktivitäten von Gemeinde und BürgerInnen und ziehen sich wie ein roter Faden durch die vielfältigen Projekte. So machen Biogas-, Hackschnitzelheiz- und eine Vielzahl an Photovoltaik- und Solaranlagen, deren Errichtung von der Kommune gefördert wird, Langenegg zu einem Vorreiter in Sachen Energieautarkie.

Großer Wert wurde von Anfang an darauf gelegt, die Maßnahmen im Bewusstsein der BürgerInnen zu verankern und auf die Energie aller Bevölkerungsgruppen – auch der Menschen mit besonderen Bedürfnissen – zu setzen. Ein besonders herausragendes Beispiel dafür ist die Einbindung der „Langenegger Lebenshilfe Werkstätte“ in das Wirtschaftsleben, die im „Postlädle“ die Postdienste übernimmt und kunsthandwerkliche Produkte aus der Werkstätte verkauft. Das breite bürgerschaftliche Engagement, das sich in zahlreichen Aktivitäten mani­festiert, leistet einen großartigen und unverzichtbaren Beitrag zur Ideenfindung und zur Umsetzung einer Fülle an bestens miteinander vernetzten Projekten aus unterschiedlichsten Bereichen, wie Vorderwälder Mitfahrbörse, Langenegger Talente – eine Ersatzwährung, die dazu beiträgt, das Geld in der Gemeinde zu halten -, ein kommunaler Energiebeauftragter, Energieportale, ein gemeindeeigenes Carsharing –Auto, ausleihbare Jahreskarten für den Verkehrsverbund Vorarlberg, die Käsestrasse Bregenzerwald sowie ein umfangreiches Sozialkonzept für junge, alte und bedürftige MitbürgerInnen, um nur einige zu nennen.

Sie alle beweisen, dass hier die BürgerInnen mit ihrer Gemeinde selbstbewusst Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung des eigenen Lebensraums übernommen haben und dass das Wettbewerbsmotto „Neue Energie für ein starkes Miteinander“ sowohl im Wortsinn als auch im übertragenen Sinn eindrucksvoll gelebt wird.

Evaluiert: 2010