Prutz, Tirol, Österreich

Die Gemeinde Prutz liegt südlich von Landeck am Ausgang des Kaunertals und unterhalb des Sonnenplateaus Serfaus-Fiss-Ladis.  Es handelt sich um eine Talgemeinde auf einer Seehöhe von ca. 870 Metern, die sich zu einem zentralen Ort in der Region „Oberes G’richt“ entwickelt hat.

Prutz zählt 1.856 EinwohnerInnen und verzeichnet gegenüber 2011 entgegen dem allgemeinen Trend im ländlichen Raum ein moderates Bevölkerungswachstum von etwa sieben Prozent. Auch der demografische Anteil von Kindern und Jugendlichen ist in diesem Zeitraum gestiegen, während der Anteil der Generation 60+ zurückging. Diese Attraktivität hängt eng mit der zentralörtlichen Bedeutung und dem guten Angebot an Arbeitsplätzen zusammen.

Prutz war zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie der ganze Bezirk bäuerlich geprägt. 80 Prozent der Bevölkerung lebten unmittelbar von der Landwirtschaft und alle Betriebe wurden im Vollerwerb geführt. Aufgrund der begünstigten Beckenlage wurden neben der Viehwirtschaft auch Ackerbau und Obstbau betrieben. Wie vielerorts hat sich auch in Prutz dieses Profil in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Die verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe werden heute großteils im Zu- und Nebenerwerb geführt, auch die Anzahl der Betriebe und der MitarbeiterInnen in der Landwirtschaft hat stark abgenommen. Um eine weitere Ausdünnung zu verhindern, werden Bewässerungssysteme gegen die wachsende Trockenheit geschaffen und mit Obstverarbeitung neue Einkommensquellen erschlossen. Leichte Steigerungen gab es im Segment Handel und Gewerbe, vor allem im Dienstleistungssektor. Der Tourismus ist im Vergleich zu den Nachbargemeinden von untergeordneter Bedeutung.

Die Gemeinde verfügt über eine gute Infrastruktur bezüglich der Ver- und Entsorgung (Trinkwasser, Abwasser, Müll etc.) und 90 Prozent des Gemeindegebietes sind mit einer gemeindeeigenen Glasfaserleitung an die Talschiene angeschlossen. Aufgrund der zentralen Lage ist Prutz stark vernetzt mit den Nachbargemeinden und Standort vieler Einrichtungen.

Prutz besitzt wie viele Tiroler Gemeinden einen Flächenwidmungsplan aus den 1970er-Jahren. Dieses für die damalige Zeit fortschrittliche Raumordnungsinstrument hat zu einem Überhang an gewidmeten Flächen geführt, die für die Gemeinde heute nur schwer beplanbar sind. Im Raumordnungskonzept hat man sich daher intensiv mit dem Thema Bauland und Neuwidmung auseinandergesetzt. Dem in Vorbereitung befindlichen Naturpark Kaunergrat wird die Gemeinde mit einer Almregion beitreten.

Besonders erwähnenswert ist die Neue Mittelschule Prutz-Ried. In den 1970er-Jahren haben sich mehrere Gemeinden zu einem Schulverband zusammengeschlossen. Aufgrund der großen Distanzen, die dadurch manche SchülerInnen täglich zurücklegen müssen, aber auch von visionären Überlegungen getragen, hat man damals einen Schulversuch gestartet und eine Ganztagsschule eingerichtet, die trotz massiver politischer Widerstände bis heute als solche fortgeführt wird.

Seit einigen Jahren forciert die Gemeinde gezielt die Einbindung und Beteiligung ihrer BürgerInnen in die Entwicklungsprozesse. Neben alltäglichen Anliegen stehen dabei die generelle Ausrichtung und die Erarbeitung von Strategien für die Beantwortung von Zukunftsfragen wie Zentrumsstärkung, Mobilität, Ansiedlung und Unterstützung von Betrieben, leistbarer Wohnbau oder Stärkung der zentralen Funktionen der Gemeinde im Mittelpunkt. Zuletzt bediente man sich dabei eines LA 21-Prozesses mit professioneller Unterstützung durch eine Stadtplanerin und einen Prozessbegleiter. Um der Jugend mehr Gewicht zu geben und um sie stärker einzubinden, wurde ein spezielles, auf diese Altersgruppe abgestimmtes Prozessdesign entwickelt.

Neben den Themen Verkehr und Mobilität zählen die Vermeidung von Leerstand, die Aktivierung bestehender Bausubstanz und die Nachverdichtung im Zentralbereich zu den kommunalen Prioritäten. In Kooperation mit dem RegioL (Regionalmanagement Landeck), dem Wirtschaftsförderungsprogramm Oberes G´richt und der Tiroler Dorferneuerung wurden etliche Projekte in diesem Bereich realisiert, die Wohnraum in zentraler Lage geschaffen haben.

Ein wesentliches Vorhaben der ersten Phase war eine geänderte Verkehrslenkung im Ortszentrum und die Ausweisung einer Begegnungszone mit einem Kaffeehaus am Ortsplatz. Das  ehemalige Raiffeisenkassengebäude wurde von der Gemeinde käuflich erworben und zu Wohnungen wie auch zehn Büros für Startups umgenutzt. Auch ein Musikpavillion wurde errichtet.

Ein weiteres Beispiel für Revitalisierungsprojekte im Ortsgebiet und raumplanerisch interessante Maßnahmen der Nachverdichtung ist der Umbau des funktionslos gewordenen Genossenschaftshauses. Heute finden sich darin die Käserei der Gemeindealm, eine eingemietete Firma, Räume für die Obstverarbeitung und ein Jugendzentrum, das die Jugendlichen in Eigenregie gestaltet haben.

Auch das Winklhaus, das älteste Gebäude in Prutz, das aus dem 14. Jahrhundert stammt und dem Verfall preisgegeben war, wurde von der Gemeinde erworben, mit großen bürgerschaftlichen Eigenleistungen vorbildlich saniert und dient nun als  Kulturzentrum. Nicht nur der aktive Theaterverein hat dort sein Zuhause gefunden, auch der neu gegründete Kulturverein organisiert dort seine Ausstellungen, Musikveranstaltungen, Lesungen und vieles mehr. Der „Winkl“ ist so zu einem doppelten Sinnbild für Kultur geworden – das denkmalgeschützte Gebäude wird durch kulturelles Schaffen mit neuem Leben erfüllt.

Im Bereich sozialer Qualitäten und Einrichtungen sind die Aufnahme von zwei afghanischen Flüchtlingsfamilien im Jahr 2018 mit voller Integration in das Gemeindeleben und die Lebenshilfe zu erwähnen. Die Lebenshilfe bietet ein Wohnhaus für acht BewohnerInnen und eine Werkstätte für 20  Menschen aus der Region. Sie betreibt ein Café und eine Kinderkrippe und bekocht und beliefert die nachmittagsbetreuten Kinder und auch die SeniorInnen in der Gemeinde.

Evaluiert: 2020