Ratiboř, Region Zlín, Tschechische Republik

Ratiboř ist eine Gemeinde mit 1.834 Einwohnenden, die rund 30 Kilometer von der Kreisstadt  Zlín entfernt inmitten des hügeligen Vsetiner Landes, umgeben von Wäldern und artenreichen Wiesen, liegt. Das starke Herz Ratibořs ist seine intakte Dorfgemeinschaft, die sich ihrer Wurzeln bewusst und eng mit der walachischen Kultur verbunden ist. Andererseits hat sie sich für die Zusammenarbeit mit den benachbarten Gemeinden und Regionen geöffnet und  integriert sich erfolgreich in die Entwicklungsstrategien Tschechiens und der Europäischen Gemeinschaft.

Unter Einbindung der gesamten Dorfbevölkerung hat 2014 eine Gruppe junger EnthusiastInnen ein strategisches Entwicklungsdokument für Ratiboř ausgearbeitet, das sich an den Bedürfnissen der EinwohnerInnen orientiert. Schwerpunkte sind die Entwicklung der Infrastruktur, Umweltthemen, Unterstützung lokaler Dienstleistungen und Unternehmen, Achtung der Tradition, Stärkung der Dorfgemeinschaft und moderne Technologien.

Ratiboř hat eine führende Rolle bei der Zusammenführung von dreizehn Gemeinden der Region Vsetin zu einem Gemeindeverbund, dessen Ziel es ist, die dringendsten Herausforderungen der Region gemeinsam zu lösen. Dazu zählen die Förderung eines ländlichen Tourismus, die Pflege der Kulturdenkmäler, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und die Suche nach gemeinsamen Lösungen für Müll-, Wasser- und andere Umweltprobleme sowie in den Bereichen soziale Dienstleistungen, Gesundheitspflege und öffentlicher Verkehr. Der Kommunikation wird ebenfalls große Aufmerksamkeit geschenkt. Verschiedene Kommunikationskanäle informieren und servicieren die Bevölkerung, dienen aber auch als Plattform für Ideen, Angebote und Leistungen von BürgerInnen, Verbänden und Unternehmen.

Herz des kulturellen Lebens in Ratiboř ist der Verein Kosáci, der sich der Pflege der walachischen Kultur widmet. Ganzjährig werden Lieder, Tänze und Bräuche aufgeführt. Auch die Tracht mit den typischen Merkmalen der karpatischen Bekleidungskultur spielt eine wichtige Rolle. Aber nicht nur bei Traditionspflege und Folklore, sondern auch in vielen anderen Vereinen und beim Nachgehen unterschiedlichster Interessen finden die Menschen zusammen.

Im Mittelpunkt der Entwicklungsarbeit Ratibořs steht die Frage, wie wirtschaftliche, soziale, kulturelle, ökologische und klimapolitische Aspekte in Einklang gebracht werden können. Dadurch konnten nachhaltige Projekte umgesetzt und finanzielle Mittel der Gemeinde, des Staates und der EU äußerst effizient eingesetzt werden. Bemerkenswert ist auch die sorgfältig überlegte Siedlungsentwicklung, wo man sich auf die Stärkung der Ortsmitte, die Renovierung bestehender Gebäude und das Schließen von Baulücken konzentriert. Ein Gemeindearchitekt trägt dafür Sorge, dass alte und neue Bausubstanz sensibel aufeinander abgestimmt werden. Die Gemeinde bemüht sich auch, schützenswerte Gebäude in ihren Besitz zu bringen, sie schrittweise instand zu setzen und für künftige Generationen zu erhalten.

Mit viel Feingefühl wurden Schule und Kindergarten renoviert, erweitert, barrierefrei gestaltet und so ausgestattet, dass eine moderne und qualitätvolle Bildungsstätte entstand. Dass auch Raum für musikalische und künstlerische Ausbildung geschaffen und ein Schulgarten angelegt wurde, den die SchülerInnen selbst pflegen, ist eine zusätzliche Bereicherung.

Die Sanierung des Gemeindehauses wurde genutzt, um auch Räumlichkeiten für eine ebenfalls barrierefrei zugängliche und derart hochwertige Gesundheitsversorgung zu schaffen, wie sie in ländlichen Gebieten nur selten anzutreffen ist. Die beeindruckenden Maßnahmen im sozialen und kulturellen Bereich umfassen alle Generationen, was sich auch im Dorfgemeinschaftshaus widerspiegelt: Es beherbergt nicht nur einen repräsentativen Veranstaltungssaal, sondern auch eine Tagesstätte für Senioren, was sich als ein Ort der Entfaltung, Teilhabe und Begegnung erweist

Um die ökologisch verantwortungsvolle Landwirtschaft zu stärken, vereinbarten die Gemeinde und die landwirtschaftliche Genossenschaft Mír, dass von Erosionen betroffene Flächen begrünt und in Weiden umgewandelt wurden. Die Gemeinde ist der größte Waldbesitzer und legt auch großen Wert auf eine nachhaltige Neuaufforstung der von der Borkenkäferkatastrophe geschädigten Wälder. Es werden nun Mischwaldbestände mit überwiegend Meliorationsbäumen gepflanzt. Gleichzeitig werden nach und nach Tümpel und Feuchtgebiete wieder hergestellt, die sowohl dem Wasserrückhalt als auch dem Erhalt der Tiervielfalt dienen.

Ratiboř ist Gründungsmitglied des regionalen Gemeindeverbunds zur Realisierung neuer Wege bei Energie- und Umweltfragen. Vorrangige Themen sind eine LED-Beleuchtung, Wärmedämmung der Gebäude, Erschließung erneuerbarer Energiequellen wie Holz aus eigenen Wäldern und Fotovoltaik, Wärmerückgewinnungsanlagen sowie Reduktion des Abfallaufkommens durch ein durchdachtes Belohn-System. Mithilfe moderner digitaler Systeme ist das Müllaufkommen jedes Haushalts individuell erfasst, Reduktionen verringern automatisch die Abfallgebühren. Dies hat zu einer Verringerung der Abfallmenge um ein Drittel innerhalb von zwei Jahren geführt.

Die Gemeinde forciert die Einbindung lokaler Unternehmen in die Umsetzung kommunaler Projekte, was sowohl die Qualität der Arbeiten als auch die wirtschaftliche Situation der Betriebe positiv beeinflusst. Die größte Stärke von Ratiboř sind seine Menschen mit ihrem Engagement und ihrer kooperativen Gesinnung. Besonders hervorzuheben sind der tiefe Respekt vor Traditionen, der mutige Umgang mit Neuem, das Miteinander der Generationen, die vielfältige interkommunale und regionale Zusammenarbeit und die Fähigkeit, finanzielle Mittel abzurufen und effizient einzusetzen.

Evaluiert: 2022