Großschönau, Niederösterreich, Österreich

Die 13 Dörfer umfassende Marktgemeinde Großschönau hat eine Gesamtfläche von 42 Quadratkilometern und zählt rund 1.215 EinwohnerInnen. Geografisch liegt die Marktgemeinde nahe der Grenze zur Tschechischen Republik im Waldviertel und im äußersten Norden Österreichs. Über fünf Jahrzehnte hinweg, in denen der „Eiserne Vorhang“ die Region dominierte, entstand rund um Großschönau ein Problemgebiet, das aufgrund schwieriger Bedingungen von starken Abwanderungstendenzen geprägt war. Erschwerend kam hinzu, dass die Region durch den Verlust der Glas- und Textilindustrie am Ende des 20. Jahrhunderts schwer getroffen wurde. Eine um 1970 erfolgte Gemeindezusammenlegung hat zwar zunächst zu Identitätsproblemen geführt, andererseits aber eine wirtschaftlich tragfähige Einheit hervorgebracht. Unterstützt durch ein intensives Vereinsleben über die Dörfergrenzen hinweg entstand in der neuen Marktgemeinde nach und nach ein Zusammengehörigkeitsgefühl, verbunden mit einem deutlichen Anstieg des gesellschaftlichen Engagements.

Die Schwerpunkte in Großschönau bilden ein ausgeprägtes Kulturleben, der Themenkomplex „Energie und Klima“, für den die Gemeinde weit über die Grenzen Niederösterreichs hinweg bekannt ist, bedeutende Infrastrukturprojekte und der Sozialbereich. Die auch von externen ExpterInnen begleitete Dorferneuerung und -entwicklung spielt in der Gemeinde bereits über einen sehr langen Zeitraum eine zentrale Rolle.

Das gesellschaftliche und kulturelle Leben sowie die Freizeitgestaltung wird durch eine außergewöhnlich hohe Anzahl an aktiven Vereinen in den unterschiedlichsten Themenfeldern wie Sport und Freizeit, Musik, Kinder, Jugend, SeniorInnen, Feuerwehr, Umwelt, Mobilität und Gesundheit geprägt, was auch wesentlich zur hohen Lebensqualität in Großschönau beiträgt. Darüber hinaus ist die Marktgemeinde in vielen regionalen und überregionalen Verbänden vernetzt und in mehreren zukunftsweisenden Organisationen Initiatorin oder Gründungsmitglied.

Die Beschäftigung mit dem Themenfeld „Energie und Klima“ stellt in der vorgefundenen Qualität ein Alleinstellungsmerkmal dar und bedarf besonderer Erwähnung. Die Vereine BIOEM-Bioenergiemesse Großschönau, die Klima- und Energiemodellregion Lainsitztal, bestehend aus sechs Gemeinden, UWIN (Umweltinitiativen Niederösterreich) und der Verein Sonnenplatz wurden gegründet, um sich in besonderer Weise des Energiethemas anzunehmen. So wurde in Großschönau bereits in der ersten Dekade des Jahrtausends das 1. Europäische Passivhausdorf errichtet, das die Möglichkeit zum Probewohnen in diesem damals noch kaum verbreiteten Gebäudestandard bot. Als nächster Schritt wurden ein Forschungs- und Kompetenzzentrum für Bauen und Energie sowie die Erlebnisausstellung „Sonnenwelt“ in Kooperation mit der Hochschule Budweis errichtet. 2014 wurde die Sonnenwelt, die bereits über 100.000 BesucherInnen begrüßen durfte, mit dem Österreichischen Klimaschutzpreis ausgezeichnet. Zusätzlich wird die Ausbildung zur Engergieberaterin/zum Energieberater angeboten. Besonders erwähnenswert sind auch die Etablierung eines Europäischen Energiesymposiums und die bereits seit 1986 jährlich stattfindende und von hunderten Ehrenamtlichen getragene BIOEM Bioenergie-Messe mit zuletzt rund 250 AusstellerInnen und 20.000 BesucherInnen pro Jahr. Ziel von Großschönau selbst, das als erste Gemeinde Niederösterreichs als e5-Goldgemeinde eingestuft wurde, ist das Erreichen der Energieautarkie bis zum Jahr 2030.

Im Bereich Infrastruktur ist das Projekt „Wohnen im Waldviertel“ besonders zu erwähnen, da es ein attraktives Baulandmodell für junge Familien unter Berücksichtigung baukultureller Aspekte anbietet. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Abwasserbeseitigung in Großschönau, die mittels einer Pflanzenkläranlage bewerkstelligt wird.

Im Themenfeld Soziales und Gesundheit ist neben dem Programm „Gesunde Gemeinde“ vor allem auf den Verein Betz – Bioenergetisches Trainingszentrum mit dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung hinzuweisen. Das Zentrum bietet jährlich über 60 Kurse und Seminare zu den Themen Gesundheit und Wohlbefinden und Persönlichkeitsentwicklung. Es wird wie auch das von der Gemeinde errichtete Gesundheitszentrum von einer Allgemeinmedizinerin gemeinsam mit mehreren TherapeutInnen betreut, soziale Dienste runden das Angebot im Gesundheits- und Pflegebereich ab.

In baukultureller wie auch kultureller Hinsicht herausragend ist insbesondere die Revitalisierung des Pfarrhofes, die durch die Kulturinitiative „großARTig Großschönau“ organisiert und umgesetzt wurde. So ist ein Kulturzentrum entstanden, das einerseits lokalen Kulturvereinen und Kunstschaffenden eine Plattform bietet und andererseits renommierte KünstlerInnen zu Gastauftritten, Vorträgen, Kabarettabenden und Lesungen einlädt.

Die Marktgemeinde Großschönau ist seit ihrer Gründung im Jahr 1972 in einer permanenten Entwicklung und nutzt dabei sowohl den Bottom-up-Ansatz mit proaktiver Einbindung der BürgerInnen als auch die Expertise externer BeraterInnen und Profis zu den jeweiligen Themenfeldern. Großschönau ist ein Ort, in dem Gemeinschaft mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist. Die Bürgerinnen und Bürger identifizieren sich mit ihrem Heimatort und seiner Geschichte, zeichnen sich gleichzeitig aber auch durch große Offenheit für Neues aus. Die Wahl der Themenfelder, derer man sich seitens der Gemeindeführung und der zahlreichen Vereine besonders intensiv annimmt, lässt auf ein hohes Bewusstsein um die globalen Herausforderungen unserer Zeit schließen, denen man dem Motto des Wettbewerbes entsprechend mit schlüssigen lokalen Antworten begegnet. Zweifelsohne ist Großschönau eine Gemeinde mit Zukunft.

Evaluiert: 2020