Kazár, Komitat Salgótarján, Ungarn

Die Gemeinde Kazár liegt im Verwaltungsgebiet des Komitats Salgótarján in Nordungarn, das gemeinsam mit den Nachbarkomitaten Eger und Miskolc die Region Nógrád beschreibt. Kazár zählt heute 2.145 EinwohnerInnen bei solider Alterstruktur und leicht rückläufiger Bevölkerungsentwicklung. Eingebettet in die hügeligen Ausläufer des Matragebirges prägen magere Wald- und Wiesenflächen die umgebende Landschaft.

Aufgrund der für intensive landwirtschaftliche Nutzung ungeeigneten Böden hat die Landwirtschaft in den zurück liegenden Jahrzehnten in der Zahl der Beschäftigten stark an Bedeutung verloren. Der Landbesitz der staatlichen Produktionsgenossenschaft wurde 1990 vollständig privatisiert. Als deren Nachfolgebetrieb entstand die Agrokazár GmbH, die heute in Langzeitverträgen etwa die Hälfte der privatisierten Flächen gepachtet hat und konventionell bewirtschaftet (Viehzucht). Auf den übrigen 50 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche betreiben zwei Vollerwerbs- und 15 Nebenerwerbsbauern biologischen Landbau, zunehmend auch verbunden mit späterer Wertschöpfung durch Veredelung und Weiterverarbeitung der agrarischen Produkte.

Hauptarbeitgeber des Dorfes waren bis Ende der siebziger Jahre die nahe gelegenen sechs Bergwerke, in denen Braunkohle im Untertagebau abgebaut wurde. Daneben entwickelte sich in Handwerk, Gewerbe und Industrie ein selbstbewusstes Unternehmertum von Klein- und Kleinstbetrieben. Seit dem Wegfall des Bergbaus zieht die acht Kilometer entfernte Komitatshauptstadt Salgótarján einen Großteil der Erwerbstätigen an. Der Einbruch der dort dominierenden Metallindustrie löste zu Beginn der neunziger Jahre große wirtschaftliche Depression mit hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung aus.

Kazár startete 1996 sein Dorferneuerungsprogramm, seit 2003 nimmt es am LEADER-Programm innerhalb einer Mikroregion von insgesamt elf benachbarten Gemeinden teil. Basisgedanken des Dorferneuerungssplans waren die Rückbesinnung auf das historische wie kulturelle Erbe sowie die Verbesserung der Beschäftigungslage, des Angebots an Dienstleistungen, der baulichen Infrastruktur und der Schullandschaft.

Um leer gefallene historische Bausubstanz zu sichern und damit das einprägsame und für die Dorfgemeinschaft Identität stiftende Ortsbild zu erhalten bzw. wiederherzustellen, erwarb die Gemeinde mehrere Objekte der für die Volksgruppe (Palocze) typischen, ländlichen Architektur, sanierte sie und besetzte sie gezielt mit öffentlichen Funktionen (Museen, Bürgerhaus, Dienstleistungszentrum etc.). Im Getreidespeicher wurde als neues Zentrum des dörflichen Lebens das Zivilhaus eingerichtet. Dort fanden Vereine und NGOs neue Versammlungsräume und das gemeindliche Infobüro, das Telebüro mit mehreren öffentlichen Internetarbeitsplätzen und das Tourismusbüro einen gemeinsamen Standort.

Als Pendant zum Zivilhaus entstand in der alten Schule ein Dienstleistungs- und Gesundheitshaus, das die ärztliche und soziale Versorgung der Gemeinde erweitert. Zur Verbesserung des schulischen Angebots ging Kazár mit vier Nachbargemeinden einen Schulverbund ein und etablierte eine gemeinsame Grundschule mit 370 SchülerInnen im eigenen Ort. Das schulische Netzwerk wurde später um eine Filialschule für 100 SchülerInnen in einem zwölf Kilometer entfernten Nachbarort erweitert. Ähnliches Engagement für überörtliche Vernetzung zeigt sich in der Arbeit des Vereins für Landesentwicklung und der Sozialfürsorge.

Um Abwanderung und Arbeitslosigkeit entgegen zu wirken, startete die Gemeinde eine Offensive zur Ansiedlung von Kleinindustrie und gewerblichen Betrieben. Die Zahl der Unternehmen stieg daraufhin von 43 auf 74. Insgesamt arbeiten 218 Erwerbstätige im Ort. Kazár versucht, sich als historisch, landschaftlich sowie sport- und freizeittechnisch interessante, touristische Attraktion zu positionieren und damit die Entwicklung eines neuen Wirtschaftszweiges anzustoßen. Die überörtliche Anbindung von Kazár konnte durch den Ausbau des regionalen Straßennetzes verbessert werden. Das innerörtliche Straßennetz ist ebenfalls intakt. Alle Grundstücke verfügen über Anschluss an die Kanalisation und das gemeindliche Müllentsorgungsnetz.

Der Gemeinde Kazár sind seit Beginn des Dorferneuerungsprozesses wesentliche Entwicklungen gelungen. Vor allen Dingen die Beiträge zur kulturellen Identifikation der Dorfgemeinschaft, zahlreiche Restaurierungen und Revitalisierungen, die Bereitschaft zu überörtlichen Kooperationen und die Schaffung von zeitgemäßen Einrichtungen zur Erhöhung der Lebensqualität sind hervorzuheben. Auch die Maßnahmen zur wirtschaftlichen Neuorientierung und Neupositionierung des Ortes lassen richtige Tendenzen erkennen und beginnen zu greifen.

Evaluiert: 2008