Kötschach-Mauthen, Kärnten, Österreich

Die Landgemeinde Kötschach-Mauthen liegt im Gailtal im Südwesten Kärntens und umfasst 31 Orte mit 3.310 Einwohnenden. Rund 2.200 von ihnen leben in der Doppelortschaft Kötschach und Mauthen. Die Gemeinde ist auf den Alpen-Adria-Raum ausgerichtet und versteht sich als Grenzgemeinde, die bewusst (alte) Grenzen immer wieder überschreitet. Seit 2009 läuft in der Gemeinde ein Entwicklungsprozess. Dabei wurde eine Reihe starker und nachhaltiger Projekte umgesetzt, die von mehreren UnternehmerInnen maßgeblich getragen werden.

So ist etwa die Familie Kolbitsch seit 1995 Pionierin einer nachhaltigen, ökologischen Campingwirtschaft. Der Betrieb hat ein Leitbild entworfen, nach dem er einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen anstrebt, und daher hinterlässt das Unternehmen mit Camping, Glamping und Wellness-Angeboten einen im europäischen Vergleich ausgesprochen niedrigen ökologischen Fußabdruck pro Nächtigung, weshalb man auch mit dem EU-Öko-Label ausgezeichnet wurde.

Die Unternehmerfamilie Klauss wiederum errichtete bereits 1886 ein Wasserkraftwerk und 1899 ein elektrisches Stromnetz. Später baute sie den Betrieb kontinuierlich im Tal und in den Nachbarregionen aus. Noch heute betreibt sie einen Teil des Stromnetzes in der Gemeinde. In vielen Bereichen erwies sich das Unternehmen als Naturstrompionier: Es baute und betreibt beispielsweise die erste Hochgebirgswindturbine Europas, die einzigen zwei Windräder Kärntens, die erste Windkraftanlage Sloweniens, Stollenkraftwerke oder das einzige private Speicherkraftwerk in der Region. Sie ist in zahlreichen innovativen Projekten tätig, um die Energiewende voranzubringen, betreibt Schnellladesäulen für die Elektromobilität und vieles mehr.

Neben diesem großen Player sind noch weitere Akteure in der Ökostromproduktion aktiv. In der gesamten Gemeinde Kötschach-Mauthen befinden sich heute 21 Kleinwasserkraftwerke, drei Öko-Bergstauseen, zwei Windkraftanlagen, mehrere Solar- und Photovoltaikanlagen sowie drei Fernwärmenetze und zwei Mikrowärmenetze, in denen nachwachsende Rohstoffe eingesetzt werden. Dank dieser Infrastruktur ist die Gemeinde energieautark und gilt weit über die Landesgrenzen hinaus als Mustergemeinde im Bereich der alternativen Energien. Offiziell ist sie als KlimaEnergieModellregion ausgezeichnet. Flankiert werden diese Projekte durch den Verein „energie:autark Kötschach-Mauthen“, der beispielsweise seit 2017 ein E-Car-Sharingmodell betreibt, das auch in der Großregion angeboten wird und von der Gemeinde und lokalen Unternehmen unter anderem dadurch unterstützt wird, dass diese Parkplätze und Ladestationen zur Verfügung stellen und sich zu einer Mindestnutzung verpflichten. Mehrere örtliche Unternehmer haben außerdem gemeinschaftlich eine brachliegende Industriehalle samt Betriebsgenehmigung übernommen und auf dem Dach Photovoltaik-Anlage installiert. Die großflächige Industriehalle wird umgenutzt, indem sie zum Teil vermietet, zum Teil weiterhin für industrielle Produktion eingesetzt wird, so dass auch ein Teil der Arbeitsplätze erhalten werden konnte und im Tal auch in Zukunft industrielle Fertigung möglich bleibt.

Auch durch die gemeinschaftliche Übernahme eines leerstehenden Hotels soll ein bestehendes Gebäude durch eine neue Nutzung wiederbelebt werden: Ein Teil wurde bereits zu einem reinen Übernachtungshotel umgebaut, in weiteren Räumen soll nach und nach ein Coworking-Space entstehen, der vor allem jungen DienstleisterInnen neue Chancen bieten soll.

Die genannten Beispiele zeigen, dass die Gemeinde über großen Unternehmergeist verfügt, der die nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung der Gemeinde vorantreibt. Die Strategie der Gemeindepolitik besteht darin, die Stakeholder aus den unterschiedlichen Bereichen zusammenzuführen, um die Region durch gemeinsame Projekte zu stärken. Dabei kann die Doppelortschaft auf Initiativen in fast allen Bereichen verweisen.

Im Tourismus wird Nachhaltigkeit durch unterschiedliche Initiativen angestrebt: Die Gemeinde verfügt seit 2011 über das Label des „Bergsteigerdorfes“, das sich an den Leitlinien der Alpenkonvention orientiert und dank harter Kriterien einen nachhaltigen Bergtourismus fördert. Seit 2015 betreibt die Gemeinde ein aktives Standortmarketing. Über den „Feinspitzweg“ werden regionale ProduzentInnen gefördert und über das Projekt „Bio – Bin in Ordnung“ finden die ErzeugerInnen Möglichkeiten der Direktvermarktung und Bewusstseinsbildung von KonsumentInnen. Auch profitiert man von einzelnen Persönlichkeiten wie dem „Edelgreissler“ Herwig Ertl, der als starker Motor und „Botschafter des Genusses“ den Ort nachhaltig weiter entwickelt. So verwundert es kaum, dass die Gemeinde seit 2015 auch „Slow Food Travel Region“ ist. 2022 startete zudem die KlimaEnergieModellregion im Bereich Tourismus, ein Projekt mit hoher Förderung, das weitere Impulse setzen soll.

Das soziale Miteinander ist durch zahlreiche, aktive Vereine geprägt, wobei die Ortsgruppe des Österreichischen Alpenvereins mit über 4.500 Mitgliedern in der Jugendförderung besondere Impulse setzt. Ein bemerkenswertes Projekt sind die Schautafeln zu den einzelnen Hausgeschichten in Mauthen, die inhaltlich spannend und grafisch attraktiv präsentiert werden. Im Bereich der modernen Kommunikation ist die Gemeinde ebenfalls gut aufgestellt. Sie ist 2022 zu 65 Prozent mit Breitband ausgerüstet. Die Verlegung von Glasfaser im Vollausbau wird 2024 abgeschlossen sein.

Das starke unternehmerische Schaffen wurde bis 2009 durch den Gewerbeverein und den Käseverein verstärkt, die publikumswirksame Veranstaltungen organisierten. Beide Vereine haben sich aber aufgrund der Überlastung der Verantwortlichen aufgelöst, weshalb die Gemeinde selbst einige dieser Aufgaben übernommen hat: Sie moderiert unternehmerische Aktivitäten durch neue Strukturen, wobei insbesondere ein Prozess der Professionalisierung umgesetzt wurde, indem MitarbeiterInnen eingestellt wurden, die die neuen Vereinigungen in ihrem Bemühen spürbar entlasten.

Kötschach-Mauthen ist eine Marktgemeinde mit hohem unternehmerischen Potenzial und politisch Verantwortlichen, die sich der Herausforderungen der Zukunft bewusst sind und versuchen, die gewachsenen, nachhaltigen Projekte und Prozesse moderierend zu begleiten. Herausragend ist dabei das außerordentlich hohe Niveau der alternativen Energieerzeugung. Auch in der Direktvermarktung, der Umnutzung von leerstehenden Gebäuden oder eines nachhaltigen Tourismus werden starke Signale gesetzt.

Evaluiert: 2022