Kurtinig, Südtirol, Italien

Die Gemeinde Kurtinig, 39 Kilometer südlich von Bozen gelegen, wurde erstmals 1288 urkundlich erwähnt und verdankt ihre Gründung den Sedimentablagerungen durch den Fluss Etsch. Flächenmäßig handelt es sich um die zweitkleinste Gemeinde Südtirols und um die einzige im Südtiroler Unterland, die sich in der Mitte der Talsohle auf 212 m über dem Meeresspiegel befindet und dabei lediglich vier Meter Höhenunterschied aufweist. Auf Grund der Nähe zur Sprachgrenze ist der Anteil der italienischen Sprachgruppe mit einem Drittel der Bevölkerung vergleichsweise hoch. Die Einwohnerzahl liegt seit Jahren konstant bei rund 650.

Bemerkenswert ist der Umstand, dass trotz der Kleinheit der Gemeinde im Jahr 2010 eine Masterplankommission ernannt wurde, um auf Grundlage einer fachlichen Analyse der Ist-Situation einen Dorfentwicklungsplan zu erstellen. Die Masterplankommission ist mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung besetzt und arbeitet unter professioneller Begleitung an der zukünftigen Dorfentwicklung. Das Architekturbüro „feld72“ hat eine dreidimensionale Erhebung der baulichen Struktur vorgenommen und darauf aufbauend städtebauliche Erweiterungspotenziale unter Aufrechterhaltung der dörflichen Charakteristik entwickelt.

Die Ausweitung der Wohnbauzone sieht die Errichtung von Doppelhäusern mit zugeordnetem Grünraum vor. Durch die Errichtung einer gemeinsamen Tiefgarage und der klaren räumlichen Definition des öffentlichen Raumes gelingt eine städtebauliche Erweiterung, die sich aus den historischen Vorbildern ableitet. Die Dorfplatzgestaltung erfolgte bereits in den 1990er-Jahren, wobei das Ziel, die Dorfmitte zum „Wohnzimmer“ der DorfbewohnerInnen zu machen, in hohem Maße erreicht wurde. Durch die zentrale Lage im kompakten historischen Kern ist eine sehr gute fußläufige Erreichbarkeit gegeben. Neben dem Dorfplatz entsteht in unmittelbarer Nähe ein Park, der von öffentlichen Einrichtungen wie Schule, Kindergarten, Rüsthaus und Kulturhaus umgeben ist.

Das neu errichtete Kulturhaus dient als Mehrzweckgebäude für schulische und kulturelle Zwecke, die angrenzende Parkanlage kann bei kulturellen oder gesellschaftlichen Veranstaltungen mitgenützt werden. Erwähnenswert ist, dass das Gebäude mit dem Prädikat „Klimahaus Gold“, der höchsten Auszeichnung für öffentliche Gebäude im energetischen Bereich, bedacht wurde. Ein historischer Baubestand in der Kernzone wurde als Bürgerhaus mit Bibliothek und Arztambulatorien adaptiert. Auf Grund der besonderen topografischen Lage und Dank intensiver Bemühungen konnte weitgehend Barrierefreiheit erreicht werden, nicht zuletzt auch, weil sie als Wettbewerbsvorteil gegenüber den alpinen Regionen Südtirols erkannt wurde.

Das Dorf wird von Obstplantagen und Weingärten eingesäumt. Ein Weinlehrpfad unter dem Motto „Drei Dörfer ein Weg“ gemeinsam mit den Nachbarorten Vertatsch und Magreid ist in Planung. Als Umweltausgleichsmaßnahme wurden sowohl von der Gemeinde als auch von Privaten kleinräumige Biotope innerhalb der landwirtschaftlichen Produktionsflächen errichtet.

Die Gemeinde Kurtinig besitzt eine Anbindung an das überregionale Radwegenetz und plant derzeit den regionalen Skaterpark Unterland. Durch einen am Dorfplatz ansässigen touristischen Leitbetrieb und ebenfalls zentral gelegener Weinkellereien bietet das Dorf BesucherInnen eine qualitativ hochwertige touristische Infrastruktur. Durch den Erhalt einer großen Dichte an öffentlichen Einrichtungen und Freizeitmöglichkeiten und intensive Bemühungen um eine sinnvolle Innenentwicklung kann Kurtinig gleichzeitig auch als Wohnstandort mit hoher Lebensqualität bezeichnet werden.

Evaluiert: 2016