Popielów, Oppeln, Polen

Die Gemeinde Popielów umfasst zwölf Ortschaften, zählt nahezu 8.000 Einwohnende und liegt rund 28 Kilometer von der Stadt Oppeln entfernt. Aus der Geschichte und der geografischen Lage zwischen Nieder- und Oberschlesien im ehemaligen Habsburgerreich resultiert eine multikulturelle Gesellschaft mit großer deutscher Minderheit, deren Bewahrung als kulturelle Stärke erachtet wird. Circa 80 Prozent des 17.557 Hektar umfassenden Gemeindegebiets befinden sich im Stobrawski Landschaftspark mit entsprechenden Natura 2000 Gebieten. Die Topografie als Tieflandgebiet entlang der Oder birgt eine stetige Überschwemmungsgefahr, die im Jahr 1997 zu einer verheerenden Flutkatastrophe führte.

Ein schleichender Bevölkerungsrückgang mit Verlust an sozialen Bindungen und Aktivitäten sowie Wirtschaftsmigration und ein Mangel an Arbeitsplätzen vor allem für Menschen mit geringerer Bildung veranlassten Popielów zu einer strukturierten SWOT-Analyse als Startschuss eines umfassenden wirtschaftlichen und sozioökonomischen Entwicklungsprozesses. Dessen übergeordnetes Ziel ist der Aufbau einer starken Gemeinschaft und Gesellschaft mit dauerhaften, generations- und landesübergreifenden Beziehungen. Die günstigen agroklimatischen Bedingungen des Odertals, große Grundwasserressourcen und im Gemeindegebiet liegende landwirtschaftliche Großbetriebe machen Popielów zum wichtigen Nahrungsmittelproduzenten für benachbarte städtische Zentren. Zudem punktet die Gemeinde mit dem Potenzial einer intakten Natur- und Kulturlandschaft, mit tradierten Handwerks- und Handelsbetrieben sowie mit etablierten Gastronomiebetrieben mit traditioneller schlesischer Kulinarik.

Wichtigstes Element des Erneuerungsprozesses ist jedoch die soziale Wiederaktivierung der vorhandenen multikulturellen Gemeinschaft – geprägt von einer tief verwurzelten Toleranz, der Bereitschaft zur Kooperation und einem Gefühl der Zusammengehörigkeit. Popielów wurde im Jahr 2013 aktives Mitglied des Polnischen Netzwerks für ländliche Entwicklung und Erneuerung (PSORW). Mit Hilfe von EU-Förderungen beweist die Bevölkerung große Netzwerker- und Macherqualitäten und initiiert zahlreiche Projekte und Programme. Zudem pflegt Popielów mit einem klaren Fokus auf gemeinde- und grenzüberschreitende Zusammenarbeit weltweite Städtepartnerschaften mit Deutschland, Tschechien, der Slowakei, Brasilien und den USA. Neben Kultur,- Bildungs- und Informationsaustausch zeichnen sich diese grenzüberschreitenden Partnerschaften auch durch Unterstützungs- und Hilfeleistungen in Krisensituationen, aktuell für Geflüchtete aus der Ukraine, aus.

In seiner gemeinwohlorientierten Zukunftsvision setzt Popielów zudem auf das Potenzial der Sozial- und Verwaltungsstruktur der OrtsvorsteherInnen und der Landfrauenkreise und damit auf eine selbstbestimmte Gemeinschaft. Als bauliche Zentren und soziale Treffpunkte der insgesamt vier Landfrauenkreise dienen die sanierten Dorfbegegnungshäuser in Kurznie, Karlowice, Stobrawa, Kaniów und Stare Siolkowice. Ausgestattet mit einem kleinen Teil des Gemeindebudgets verfügen die Landfrauenkreise über ein gewisses Maß an finanzieller Unabhängigkeit und realisieren in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung diverse Projekte.

Zentralen Stellenwert in der Gemeindeentwicklung haben auch Kultur, Bildung, die Förderung der Kinder und Jugendlichen sowie die Seniorenbetreuung. Treffpunkte für die Aktivitäten des Clubs „Senior Kaffee“ sind die fünf Dorfbegegnungshäuser sowie das Kulturzentrum in Popielów. Dieses und ein weiteres Kulturzentrum in Karlowice bilden zudem auch den baulichen Rahmen für ein täglich bis 21 Uhr angebotenes und pädagogisch begleitetes Talenteförderprogramm für Kinder und Jugendliche. Mit diesem von der Gemeinde organisierten und finanzierten Bildungsangebot leistet Popielów nicht nur eine hervorzuhebende konzeptionelle Arbeit, sondern bietet vor allem Familien mit Kindern eine wertvolle soziale Unterstützung.

Als weiteres sichtbares Zeichen der positiven Entwicklung und steigenden Lebensqualität entstand in Nowe Siotkowice ein gänzlich kostenfrei zugängliches, weitläufiges Freizeitareal mit großem Badeteich und Beachvolleyballplatz. Dieser neue gemeinschaftsfördernde Treffpunkt, für den ein striktes Alkoholverbot gilt, bietet neben Sport und Erholung für die ganze Familie auch ein umfassendes Fischereiprogramm mit Fischzucht und der Herstellung von lokalen Fischprodukten. Im Anglerverein Polski Związek Wędkarski kann man dort fernab von Hektik, Stress und Leistungsdruck auch der Freizeitbeschäftigung des Angelns nachgehen und das Angeln erlernen.

Auch der Baukultur als wesentlichem Wertekanon einer Gesellschaft wird in Popielów große Bedeutung beigemessen. Mit dem Ziel, das bedeutende bauliche Erbe erlebbar und touristisch nutzbar zu machen, ist die Gemeinde Teil des Oppelner Architekturwegs, der das Schaffen des bedeutenden Baumeisters und Architekten des Klassizismus Karl Friedrich Schinkel dokumentiert. Als Beispiel einer gelungenen Sanierung und Umnutzung sind die ehemaligen Stallungen des Fürstenschlosses in Karlowice zu einem multifunktionalen Veranstaltungsraum zu nennen.

Neben baulichen Revitalisierungen strebt die Gemeinde auch den Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie wie Photovoltaik oder Wärmepumpen an und forciert energiesparende Maßnahmen. So entstehen aktuell neben dem vorhandenen Bus- und Bahnverkehr etwa zwanzig Kilometer Fuß- und Radwege als Beitrag zu einer emissionsarmen und ressourcenschonenden Mobilität. Auch der Bau von drei Bike & Ride-Parkplätzen ist im Gang. Zur Stärkung der Gemeinde als Wirtschaftsstandort wird der Ausbau der Glasfasertechnologie vorangetrieben. Auf dem Weg, Popielów und die Gebiete des Odertals als sichere Lebens- und Arbeitsräume weiterzuentwickeln, stellt die Realisierung eines wirksamen Hochwasserschutzsystems ein übergeordnetes Thema der nahen Zukunft dar.

Evaluiert: 2022