Hopfgarten in Defereggen, Tirol, Österreich

Die rund 700 EinwohnerInnen zählende Gemeinde Hopfgarten liegt am Eingang des Defereggen-Tals im Nationalpark “Hohe Tauern“ und gehört zum Bezirk Lienz im Herzen Ost-Tirols in Österreich.

Zu Ende des 20. Jahrhunderts befand sich die Gemeinde in einer prekären Lage mit anhaltender Abwanderung der Bevölkerung, fehlenden Arbeitsplätzen, ungünstigen Produktions-, Erwerbs- und Siedlungsverhältnissen sowie ständiger Bedrohung durch Naturgefahren wie Lawinen, Steinmuren und Hochwasser. Die Gemeinde und die Bevölkerung standen vor der Entscheidung: aufgeben oder für den Lebensraum und für das Gemeinwesen kämpfen?

Hopfgarten wählte wie so oft in der Vergangenheit auch seinen ganz eigenen, autonomen Weg, und zwar im Wissen darum, dass gesellschaftliche Umbrüche nicht nur Risiken, sondern auch Chancen mit sich bringen. 1998 kam es zur Bildung eines Dorferneuerungs-Ausschusses, der sich aus Gemeindeführung und BürgerInnen mit großem ehrenamtlichen Engagement und proaktiver Partizipationskultur zusammensetzte. 

Zuerst machte man sich an die Neubelebung des Dorfes mit Ortskern-Aufwertung und Dorfplatzgestaltung, eine allgemeine Aufbruchstimmung war die Folge. Die weitere Neuorientierung Hopfgartens wurde dann durch einen Architektur-Wettbewerb zum Neubau des Kulturhauses mit Kultursaal, Gastronomie, Musikschule, Tourismusbüro, Feuerwehrzentrale, Räumlichkeiten für den Theaterverein und Gemeindebauhof vorangetrieben. 

In Kooperation mit der Abteilung Raumordnung Tirol sowie mit weiteren externen ExpertInnen erarbeitete man ein gezieltes Raumordnungs-Konzept mit kostengünstiger und standortgerechter Baulandausweisung in allen Ortsteilen. So konnten 40 neue Einfamilienhäuser in der Gemeinde entstehen, zudem wurden 35 Revitalisierungs-Maßnahmen im Bestand umgesetzt und fünf Leerstands-Objekte einer neuen Nutzung zugeführt.

Die Defereggental-Verkehrsverbindung und die Ortsdurchfahrt wurden auf einer Länge von acht Kilometern durch zahlreiche Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen saniert, gesichert und aufgewertet. So wurden die Erlach-Straßen-Galerie errichtet, die Schwarzach renaturiert sowie Straßen, Plätze, Gehsteige und Bushaltestellen neu gestaltet.

Um die Mobilität der Bevölkerung zu gewährleisten, wurden mehrere Projekte umgesetzt. So wurde 2010 eine gemeindeeigene Flotte an elektrisch betriebenen Ruf-Taxis mit 20 ehrenamtlichen FahrerInnen installiert. Diese lokalen Mobilitätsangebote optimieren das bereits vorhandene ÖPNV-Angebot in der Gemeinde und verbessern die Anbindung von allen Ortsteilen an die Hauptverkehrslinien in der Region und darüber hinaus. 

Die Gemeinde Hopfgarten investiert auch in den zukunftsorientierten Ausbau der autonomen kommunalen Ökostromversorgung (Hydroenergie), unterhält ein Biomasse-Nahwärmenetz für öffentliche Gebäude sowie installierte in Zusammenarbeit mit den lokalen Elektro-Fachbetrieben in eine flächendeckende Highspeed-Breitbandversorgung und schaffte somit 18 weitere dauerhafte Arbeitsplätze vor Ort. 

In einem interkommunalen Tal-Gewerbegebiet konnte das Portfolio an kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere an Handwerksbetrieben, deutlich erhöht werden. Zusammen mit der Ansiedlung eines Vier-Sterne-Hotelbetriebes brachte die lokale Wirtschaftsentwicklung mehr als 80 standortnahe, hochwertige Arbeitsplätze in die kleine Berggemeinde. Mit diesen kommunalen Initiativen wirkte man nicht nur einer weiteren Abwanderung junger Leute nachhaltig entgegen, sondern konnte auch die Wertschöpfung deutlich steigern.

Sämtliche Projekte und Initiativen, die im Laufe des 20-jährigen Entwicklungsprozesses verwirklicht wurden, dokumentieren eine konsequente Neuorientierung, hin zu hoher Lebensqualität, Authentizität und Identität, aber auch zu ansteckender Offenheit. Alle Projekte und Initiativen orientieren sich an der Devise: “Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Sie werden mit breitem ehrenamtlichen Engagement und mit aktiver Teilnahme der BürgerInnen umgesetzt. 

Auffällig ist dabei nicht nur der sorgsame Umgang mit Natur- und Kulturlandschaft, sondern auch die Einrichtung bzw. Aufwertung angepasster sozialer Einrichtungen, beispielsweise die Wohnanlage “Messnergründe“ mit acht Wohneinheiten, Sozialsprengel und Seniorenbetreuung. 

Großes Augenmerk liegt auch auf der Stärkung der lokalen Identität und der Motivation zu gesellschaftlichem Engagement. Werkzeuge dafür sind eine konsequente  Bewusstseinsbildung zum kommunalen Veränderungsprozess sowie regelmässige Information, die unter anderem durch das “Hopfgartner Dorfblattl“ mit eigenem Redaktionsteam erfolgt. 

Dabei sind in den Strategien des gesamten Entwicklungsprozesses neben der aktiven BürgerInnenbeteiligung und dem ehrenamtlichen Engagement auch die positive Grundhaltung sowie das konsequente Bemühen um breiten Konsens hervorzuheben.

Evaluiert: 2018