Thier, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

Die Ortschaft Thier mit ihren 1.600 EinwohnerInnen liegt rund 45 km nordöstlich von Köln im Naturpark Bergisches Land in einer typischen Mittelgebirgslandschaft. Thier ist eines von acht eingemeindeten Kirchdörfern der Hansestadt Wipperfürth. Wegen der hohen Jahresniederschläge von rund 1.200 l/m² ist die Landwirtschaft hauptsächlich von Grünland mit Milchwirtschaft geprägt. Die elf Haupt-  und neun Nebenerwerbsbetriebe mit insgesamt 32 Beschäftigten müssen in ihrer Tätigkeit große Sorgfalt walten lassen, da sie sich auf mehreren Wasserschutzgebieten befinden.

Die Siedlungsmöglichkeiten sind aufgrund der erwähnten Wasserschutzgebiete stark eingeschränkt. Etliche historische Objekte im Zentrum wurden vorbildlich renoviert, das Baubewusstsein bei Neubauten hinsichtlich der Materialwahl und des gewählten Maßstabes ist von beeindruckend hoher Qualität.

Die Aktivitäten zur Gewährleistung der Nahversorgung und standortgemäßer Erwerbsmöglichkeiten sind bemerkenswert. Die BürgerInnen haben in Eigeninitiative die Dorfladen-Thier-Gesellschaft gegründet (ca. 200 Gesellschafter), die seit einigen Jahren erfolgreich den Dorfladen und ein kleines Café führt. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch das reichhaltige Angebot des Dorfladens an lokalen Produkten, das von der Bevölkerung sehr gut angenommen wird. Thier hat die Verwirklichung zeitgemäßer infrastruktureller Einrichtungen insgesamt ausgezeichnet bewerkstelligt. Da die Ortschaft keine eigene Verwaltung hat und sich auch die Kirche aus der Gemeinde zurückzog, haben die BürgerInnen die Dinge selbst in die Hand genommen. So wurde ein nicht mehr genutzter Bauernhof in ein Behindertenzentrum mit 60 Arbeitsplätzen umgebaut. In der ehemaligen Schule entstand ein multikulturelles Begegnungszentrum.

Gemeinschaft, Nachbarschaft und die Pflege des Kulturguts haben einen hohen Stellenwert. Das rege Vereinsleben mit ausgesprochen aktiven Mitgliedern führt zu einer spürbaren Stärkung der Identität: „Wir leben (T)hier“ ist nicht nur Motto des Dorfes, sondern gelebte Realität. Die BürgerInnen engagieren sich mit viel Begeisterung und Einsatz im konzeptionellen Bereich genauso wie in der Umsetzung. Der Leitspruch „Gemeinsam sind wir stark“ wird von den vielen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen auch tatsächlich verwirklicht. Die Dorfgemeinschaft zeichnet sich durch große Offenheit aus, besonders auch im Umgang mit Menschen mit Behinderung.

Trotz der Abhängigkeit von der Hansestadt Wipperführt, die für die Konzeptentwicklung und strategischen Planungen zuständig ist, hat sich die Region wirtschaftlich sehr erfolgreich entwickelt – Vollbeschäftigung und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze geben davon Zeugnis.

Die BürgerInnen von Thier sind sehr erfolgreich bei der konkreten Umsetzung von Projekten und bemühen sich auch um ganzheitliche Visionen sowie eine nachhaltige Kommunalentwicklung. Bei der Erarbeitung von Leitkonzepten setzt man auch immer wieder auf die Unterstützung und Kompetenz externer ExpertInnen. Die regelmäßige Teilnahme an Dorfwettbewerben innerhalb Deutschlands hat zu einer immer stärkeren Identifikation einerseits und dem Bedürfnis nach mehr Selbstbestimmung andererseits geführt. Das bestens organisierte Ehrenamt übernimmt zusehends auch öffentliche Aufgaben und man schafft es auf diese Weise, viele Kompetenzen und Einrichtungen – entgegen dem allgemeinen Trend – auch weiterhin im Dorf zu behalten.

Evaluiert: 2014