Warta, Łódzkie, Polen

Die Großgemeinde Warta liegt in Zentralpolen, westlich der Warthe, des drittgrößten Flusses in Polen. Dieser war auch namensgebend. Mit 68 Orten, 12.600 EinwohnerInnen und einer Fläche von über 25.000 Hektar ist klar, dass hier große Herausforderungen für Kommune und Verantwortliche in den Orten gegeben sein müssen. Bei Gemeinwesen solcher Größenordnung, gepaart mit einer besonders schwierigen Ausgangslage, gibt es immer wieder eine bestimmte Form der Herangehensweise: Einen sehr großen „Stein“ ins Wasser werfen, das heißt eine große Investition tätigen, um daran anschließend in konzentrischen Kreisen Wirkungen bis zur Peripherie zu erreichen. Warta hat sich aber nicht nur dazu entschieden, sondern setzt darüber hinaus auch Maßnahmen in einzelnen Orten.

Dazu braucht es freilich immer auch aktive BürgerInnen, die solche Akzente aufnehmen und weitertragen. So gibt es 24 Feuerwehren, sechs Sportvereine und seit einigen Jahren auch zehn neu gegründete Frauenvereine, die in den vielen kleinen Orten der Großgemeinde das neu entzündete Feuer am Brennen halten. Ein Feuer übrigens, das auf einer Asche der vorangegangenen Jahre und Jahrzehnte entstanden ist.

Die Ausgangslage war trist: Nach den großen Umbrüchen in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren setzten Abwanderung, der Verlust von Arbeitsplätzen und sozio-kulturelle Unsicherheiten ein, gemeinsam mit der fehlenden Infrastruktur stellte sich die Situation als nahezu aussichtslos dar. Seit dem Beginn des neuen Entwicklungsprozesses 2005 konnten Lage und Stimmung deutlich verbessert und negative Auswirkungen zumindest etwas entschärft werden. Das Sinken der Arbeitslosigkeit von 21,4 auf aktuell 9,6 Prozent, die stark reduzierte Abwanderung sowie das Aufholen bei der Infrastruktur, so etwa die Steigerung der öffentlichen Wasserversorgung von 36 auf 99 Prozent, diese beispielhaft aufgezählten Fakten sprechen eine deutliche Sprache. In Summe waren es über 40 verschiedene kleinere und größere Projekte in ökonomischen, ökologischen und sozialen Bereichen, die verwirklicht wurden.

Im Sinne des Bildes mit dem großen Stein liegt ein Maßnahmenschwerpunkt in der Kleinstadt Warta selbst. Mit ihren 3.300 EinwohnerInnen wohnt dort ein Viertel der Bevölkerung. Bei den Projekten ging es um Gestaltungen rund um ein altes Franziskanerkloster zur Nutzung der Freiräume für kulturelle regionale oder überregionale Events sowie auch zur Brauchtumspflege. Geplant ist weiter eine soziale Nutzung der teilweise noch leerstehenden Räumlichkeiten, wobei hier insbesondere an eine Anbindung an die bereits bestehenden klinischen Hilfezentren, unter anderem für psychische Patient-Innenen, in unmittelbarer Nachbarschaft gedacht ist.

Als große soziokulturelle Einrichtung ist auch der zu einem Kulturzentrum umgenutzte ehemalige große Kinosaal zu sehen. Nahezu jeden Tag finden Proben der verschiedenen Kulturvereine und Initiativen statt, im Schnitt zwei bis dreimal pro Monat gibt es öffentliche Veranstaltungen mit Musik, Tanz, Theater und Folklore, wobei neben traditionellen auch zeitgenössische Formen geboten werden. Auch die LEADER-Region, bestehend aus vier Gemeinden um das Jeziorsko-Speicherbecken, hat dort übrigens ihren Bürositz.

Ein zweiter großer Maßnahmenschwerpunkt wurde rund um das Jeziorsko-Speicherbecken gesetzt. Gespeist aus dem Wasser der Warthe hat es eine Größe von über 4.000 Hektar Wasserfläche, das den größten Landschafts- und Naturwert in der Großgemeinde Warta darstellt: Im nördlichen, tieferen Teil ziehen der kleine Yachthafen für Motor- und Segelboote sowie die neu errichtete Liftanlage für Wasserski und Wakeboarding WassersportlerInnen an, während im südlichen flacheren Teil viele Gäste zum Fischen und Wandern kommen. Daraus hat sich in Ostrów Warcki ein Tourismuszentrum entwickelt. Mit täglich 150 Nächtigungen an durchschnittlich 150 Tagen im Jahr ergibt sich bereits eine erste wichtige Wertschöpfung, die auch in die Umgebung weiterwirken wird.

Da sich Warta das Staubecken und die Uferbereiche mit drei weiteren Anrainergemeinden teilt, wurde sinnvollerweise die „Jeziorsko-Allianz“ gegründet. Hier werden die einzelnen touristischen Maßnahmen miteinander koordiniert und aufeinander abgestimmt, um durch entsprechende Bündelung der Angebote den größtmöglichen Nutzen zu erreichen

Damit aber auch die BürgerInnen in den peripheren Orten der Gemeinde möglichst zeitnah Verbesserungen spüren und neue Perspektiven erkennen können, setzte und setzt man als ein weiteres Standbein des Entwicklungsprozesses sehr stark auf die Förderung des Vereinslebens in den Orten – mit dem vielerorts eindrucksvoll erreichten Ziel, dass die BewohnerInnen selbst aktiv beginnen, ihre Lebensqualität und das Zusammenleben zu verbessern. Neben den traditionellen Feuerwehren sind es vor allem die Frauenvereine, die sich um das Gemeinschaftsleben, die Schaffung von gemeinschaftlichen Räumen und Plätzen als Rahmen für die Pflege von Gesang, Musik und Brauchtum bemühen. Durch ihre Aktivitäten und Dorffeste stärken sie die Identität der Ortsbewohner. Einige der Singgruppen der Frauenvereine zählen regional wie auch überregional zu den besten ihrer Art, wie es das hervorragende Abschneiden bei diversen Musikwettbewerben belegt.

Warta hat seine Entwicklungsschwerpunkte auf die Stärken der Region gelegt, und das mit Erfolg, wie das Jeziorsko-Staubecken mit seiner touristischen Wertschöpfung zeigt. Dazu zählt ebenso das Warthetal mit seiner natürlichen Umwelt. Auch im ökonomischen und sozialen Bereich wurden starke Akzente gesetzt: Ein neues Gewerbegebiet mit 150 Arbeitsplätzen und die erheblichen Verbesserungen bei Bildungseinrichtungen und Gesundheitsdiensten seien exemplarisch genannt.

Das persönliche Engagement der BürgerInnen hat den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den vergangenen Jahren stark gefördert. Beachtlich sind aber vor allem der Entwicklungsprozess und der zurückgelegte Weg: Aus dem tiefen Wellental nach der Wende ist eine erste Trendumkehr gelungen.

Evaluiert: 2018